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10 Millionen Amerikaner fordern Hilfe
Aus Echo der Zeit vom 02.04.2020. Bild: keystone
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Wie bei der Grossen Depression Der US-Arbeitsmarkt kollabiert

Nitehawk ist eine kleine Kinokette im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Matthew Viragh gründete Nitehawk vor einigen Jahren, um sich gegen das grosse Sterben der Filmpaläste zu stemmen. Mit der vor rund zwei Wochen verhängten räumlichen Trennung musste auch Matthew Viragh den Betrieb einstellen. 150 Mitarbeiter haben quasi über Nacht ihren Job verloren.

Was Nitehawk und die Angestellten erleben, spielt sich im gesamten Land gerade millionenfach ab. Es sind mittlerweile Zustände wie zu Zeiten der Grossen Depression 1929. Das belegen die heute veröffentlichten Daten vom Arbeitsmarkt.

Nitehawk.
Legende: Ein Kino der Kette Nitehawk, die alle 150 Angestellten entlassen hat. SRF

6.6 Millionen Amerikaner haben in der vergangenen Woche Arbeitslosenunterstützung beantragt. Ökonomen hatten mit 3.1 Millionen Anträgen gerechnet. Bereits in der vorherigen Woche hatten 3.3 Millionen Amerikaner einen Antrag gestellt. Das war bereits ein einsamer Negativrekord. Die vormals meisten Anträge gab es 1982. Damals hatten knapp 700'000 Amerikaner innerhalb einer Woche Unterstützung beantragt. Nun sind es also fast zehn Millionen Menschen, die innerhalb von zwei Wochen um Hilfe bitten.

Anfang Jahr war die Quote noch auf Rekordtief

Diese sogenannten «initial jobless claims» sind nicht direkt auf die Zahl der Arbeitslosen zu übertragen. Ökonomen schätzen, dass 1.5 Millionen dieser «claims» die Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt anschwellen lassen. Nach dieser Berechnung würde die Arbeitslosenquote in den USA auf rund zehn Prozent in die Höhe schnellen.

Es wird sich zeigen, ob sich das bereits in der monatlichen Statistik widerspiegelt, die jetzt am Freitag vom Arbeitsministerium veröffentlicht wird. Noch Anfang des Jahres lag die Arbeitslosenquote bei rund 1.5 Prozent und damit auf dem tiefsten Stand seit der Mondlandung im Jahr 1969.

Die USA haben, wie auch die meisten anderen westlichen Industrieländer, die Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten auf den Dienstleistungssektor umgerüstet. Doch genau dieser Kontakt von Mensch zu Mensch soll nun vermieden werden. Zudem befinden sich immer weniger Menschen in festen Arbeitsverhältnissen. In der sogenannten Gig Economy hangeln sich immer mehr Arbeiter von Job zu Job.

Rettungspaket löste Ansturm aus

Ein Teil dieses dramatischen Anstiegs der Erstanträge in den USA liegt am Rettungspaket, das der Kongress kürzlich verabschiedet und Präsident Donald Trump Ende letzter Woche unterschrieben hat. Von den zwei Billionen Dollar soll ein Grossteil an das Heer der Arbeitslosen weitergeleitet werden.

Viele Amerikaner haben bisher lediglich 400 Dollar pro Woche erhalten. Diese Summe soll nun um weitere 600 Dollar aufgestockt werden. Entsprechend mehr Menschen haben sich nun beworben. Allerdings qualifizieren sich nicht alle Arbeitslosen dafür. Und auch die Webseite für die Anträge bricht unter dem Andrang ständig zusammen.

Arbeitslosenquote könnte auf 30 Prozent steigen

Die USA sind ein Land, das weniger vom globalen Handel, sondern vor allem von der Inlandsnachfrage, also vom Konsum lebt. Rund zwei Drittel der Wirtschaftsleistung erzielen die USA mit den Verbrauchern. Es lässt sich erahnen, was für dramatische Folgen die hohen Arbeitslosenzahlen auf die gesamte Wirtschaft haben werden.

Es gibt Spekulationen, dass die Arbeitslosenquote in den kommenden Monaten auf bis zu 30 Prozent anziehen könnte. Ökonomen sagen, die USA wären mit einer drohenden starken Rezession noch gut bedient.

Jens Korte

Jens Korte

Freier Börsenjournalist

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Jens Korte berichtet für das SRF von der Wall Street in New York. Bereits seit 1999 arbeitet er dort für verschiedene Medien. Im Jahr 2003 gründete er die Firma nygp – new york german press. Korte hat eine Lehre zum Industriekaufmann abgeschlossen und ein Studium der Volkswirtschaft in Berlin absolviert.

SRF4 News, 02.04.2020, 18:00 Uhr

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