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Wie weiter im Sudan? Der Westen verhandelt mit dem falschen Mann

Nach der Revolution ist vor der Revolution: Die Demonstranten wollen die Politik nicht vom Ausland bestimmen lassen.

Im Sudan gehen nach dem Sturz von Langzeitherrscher Omar al-Baschir die Gespräche zwischen dem Militärrat und der Opposition weiter. Während sich die beiden Gruppen innenpolitisch ein Tauziehen liefern, bringen sich die internationalen Akteure in Stellung.

Sie tun dies unter besorgtem Zuschauen der Sudanesen. «Wir wollen unser Land mit unserem eigenen Geld aufbauen! Nicht mit den drei Milliarden aus Saudi-Arabien und den Emiraten», ruft ein junger Mann, umringt von Dutzenden Sudanesen auf dem Protestplatz in Khartum.

Revolutionäre verbitten sich Einmischung

Seit dem Sturz von al-Baschir waren die zwei Golfstaaten die einzigen, die dem Sudan die so bitter benötigte finanzielle Unterstützung anboten. Doch die Sudanesen wollen keine Einmischung. «Wir haben nicht den Diktator gestürzt, um uns die Politik von jemand anderem diktieren zu lassen», sagen die Demonstrierenden.

Saudi-Arabien und die Emirate dürften nicht aus Nächstenliebe den Putsch-Generälen drei Milliarden US-Dollar angeboten haben. Der Sudan lieferte bis anhin Saudi-Arabien Soldaten für den Krieg in Jemen.

Ausserdem treffen nun im Sudan Katar und Saudi-Arabien aufeinander. Es geht um nichts weniger als darum, wer das Sagen hat am Golf. Laut jüngsten Berichten hat Russland al-Baschir aktiv darin unterstützt, die Proteste zu unterdrücken und zwar mit einer Internetkampagne und mit Kampftruppen.

Lieber Stabilität als Menschenrechte

Die westlichen Länder, die sich gerne als Vorhut der weltweiten Demokratiebewegungen sehen, sie allerdings schwiegen monatelange, als sich das Volk gegen Diktator al-Baschir auflehnte.

Hassan Abdel Ati, ehemaliger Professor an der Universität Khartum und langjähriger Aktivist, erstaunt das nicht. «Der Westen hat Stabilität stets über Demokratie gestellt », sagt der 66-Jährige. Die USA schienen in den letzten Jahren zufrieden mit Sudans Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus. Europa braucht den Sudan, um Migranten abzuhalten.

2014 startete die EU zusammen mit afrikanischen Ländern den sogenannten Khartum-Prozess und liess Millionen von Franken dafür in den Sudan fliessen. Auch die Schweiz ist Mitglied beim Khartum-Prozess.

Das Programm sorgt seit Jahren für Kritik, weil Europa mit korrupten, menschenrechtsverletzenden Regimen zusammenarbeitet, um Migranten abzuhalten.

RSF-Chef ist nun im Militärrat

Im Sudan liess al-Baschir die berüchtigten Rapid Support Forces (RSF) die Grenzüberwachung übernehmen. Sie sollen die Migranten abhalten. Die RSF haben ihre Wurzeln in einer Miliz, die im Darfur-Konflikt brutal gegen die Bevölkerung vorgegangen war. Auch als Grenzwächter sollen die RSF Migranten misshandeln und ausbeuten.

Seit dem Sturz von al-Baschir sind die Rapid Support Forces wieder im Scheinwerferlicht. Ihr Anführer, Mohammed Hamdan Daglu, kurz Hemedti genannt, ist mittlerweile die Nummer zwei im regierenden Militärrat. Dass westliche Diplomaten nach dem Putsch sich mit ihm, dem so viele Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, trafen und nicht mit dem Vorsitzenden des Militärrates, das stiess den Sudanesen sehr sauer auf.

Die Revolution werde hoffentlich auch die Möglichkeit auf bessere Beziehungen mit der internationalen Gemeinschaft eröffnen, hofft Aktivist Hassan Abdel Ati.

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