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Ultras von Roter Stern: Vom Stadion in die Kriege der 90-er Jahre
Aus SRF 4 News aktuell vom 28.11.2023. Bild: Keystone/Byeline STR/Archivbild aus dem Jahr 2000
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YB gegen Roter Stern Belgrad Ein Spiel mit organisierten Hochrisikofans

YB spielt heute gegen Roter Stern Belgrad. Nicht nur der Club hat seine Vergangenheit – auch seine Fans haben eine.

YB spielt gegen Roter Stern Belgrad: Das Champions-League-Gruppenspiel gilt als Hochrisikospiel. Vor vier Jahren ist es bei einem ähnlichen Spiel in Bern zu Ausschreitungen gekommen, die Berner Polizei musste damals gar Warnschüsse abgeben, um die Lage in den Griff zu bekommen. SRF-Auslandredaktor Janis Fahrländer hat anlässlich des erneuten Besuchs von Roter Stern Belgrad im Wankdorf die Geschichte der Fussball-Ultras in Ex-Jugoslawien recherchiert.

Fussball als Feld der Politik: Gerade am Beispiel des Vielvölkerstaates Jugoslawien lässt sich nachvollziehen, wie gross der Einfluss von Fussball-Fangruppen auf politische Entwicklungen sein kann. Nationalismus sei in der Gesellschaft Jugoslawiens in den 80er-Jahren ein Tabu gewesen. In Fussballstadien konnte er aber geäussert werden, sagt Fahrländer: «Während man nationalistisches Gedankengut in den 80er-Jahren öffentlich nicht äussern durfte, war dies in Fussballstadien möglich.» Es gebe heute noch Länder, in denen Stadien einen Raum böten, gesellschaftliche Tabus zu umgehen.

Die Fans von Roter Stern Belgrad Ende Oktober in Leipzig.
Legende: Die Fans von Roter Stern Belgrad Ende Oktober in Leipzig. Keystone/JAN WOITAS

Beginn des Zerfalls: Manche sagen, der Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien habe symbolisch mit einem Fussballspiel begonnen: 1990 sollte Dinamo Zagreb gegen Roter Stern Belgrad spielen. Erst kam es in der Stadt Zagreb zu Ausschreitungen. Während des Einwärmens der Spieler kam es auch im Stadion zu wüsten Schlägereien zwischen Fans von Zagreb und der jugoslawischen Polizei. Zum Teil waren auch die Spieler in die Schlägerei verwickelt, zum Beispiel der Kapitän von Dinamo Zagreb. Er griff einen Polizisten an, was fotografisch dokumentiert ist.

Die Liveübertragung der Schlägerei: Die Vorfälle wurden live im TV übertragen. Die Menschen konnten prügelnde Fussballfans und Bilder von Polizisten, die auf Fussballfans einschlugen, sehen; es waren nationalistische Lieder zu hören, und es wurden jugoslawische Fahnen zerstört. «Dieses Spiel – das nie angepfiffen wurde – war ein Fanal. Im Nachhinein werden diese Szenen symbolisch als der Beginn der Kriege der 90er-Jahre hochstilisiert», sagt Janis Fahrländer.

In den Krieg via Ultras von Roter Stern Belgrad: «Was die Ultras von Roter Stern Belgrad betrifft: Der serbische Geheimdienst hat das Potenzial früh erkannt und dort ganz konkret Männer für die Kriege in Bosnien und Kroatien rekrutiert», sagt Janis Fahrländer. Bekannt wurden auch die Bad Blue Boys, Anhänger von Dinamo Zagreb, die sich auf der Seite von Kroatien an den Kriegen beteiligten.

Auch der Fussballklub Dynamo Zagreb hat seine berüchtigen Ultra-Fans.
Legende: Auch der Fussballklub Dinamo Zagreb hat seine berüchtigten Ultras. Imago/Goran Mehkek

Serbische Eigenart: Die Verbindung von Fussballfans zum organisierten Verbrechen hat in den 90er-Jahren begonnen und hält bis heute an. Es sei eine serbische Eigenart der Fussballfans, so der Redaktor. Konkret ist von Fans von Roter Stern Belgrad und Partizan Belgrad bekannt, dass sie in den Drogenhandel und in den Sicherheitsdienst verstrickt sind.

Verbindung von Politik und Fussballfans: Fans serbischer Clubs übernehmen manchmal auch die Drecksarbeit für politische Parteien. Ihre Gruppen können fast wie paramilitärisch Einheiten eingesetzt werden. «Es gibt das bekannte Beispiel, dass die Pride – ein bunter Umzug der LGBTQ-Bewegung –  in Belgrad durch organisierte Fussballfans angegriffen wurde.» Auch für Einschüchterungen von Oppositionellen sind die Ultras zuständig.

SRF 4 News, 28.11.2023, 06:40 Uhr;

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