Zum Inhalt springen

Zwist mit Frankreich Italien hat meist den Kürzeren gezogen

Es war 1940, als Frankreich das letzte Mal seinen Botschafter in Rom zurückberief. Damals erklärte das Italienische Königreich an der Seite Nazideutschlands Frankreich den Krieg. Seitdem sind zwischen Rom und Paris vor allem friedliche Jahrzehnte vergangen – zumeist in europäischer Gemeinschaft und Union.

Von diesen Attributen lebt das offizielle italienisch-französische Verhältnis seit einiger Zeit leider nur wenig – nicht erst seit Antritt der rechten und populistischen Regierung von Lega und Cinquestelle in Rom.

Zankapfel ist spätestens seit dem Arabischen Frühling das Thema Migration, als Italien ab 2011 vor allem Tunesier, die über Lampedusa und Sizilien ihrer Heimat entflohen, einfach in Richtung Frankreich durchwinkte.

Narben hinterlassen hat bei den Italienern vor allem aber wirtschaftspolitische Entscheidungen des Nachbarns: wie 2008 der Rückzug von Air France bei Alitalia und damit das Scheitern einer französisch-italienischen Luftfahrtgesellschaft. Diese hätte, so hofften viele, die Pleite der «Compagnia di Bandiera» abwenden können.

Italien zog meistens den Kürzeren

Eine schlechte Meinung haben die Italiener auch vom französischen Medienkonzern Vivendi, der als Mehrheitseigner eines weiteren verblassenden Stolzes der Italiener, des Telekomanbieters TIM, vor allem durch Machtkämpfe im Verwaltungsrat für Schlagzeilen sorgt. Eine Narbe in Rom hinterlassen hat auch der bislang wenig erfolgreiche Versuch der Werftenholding Fincantiere, mit den französischen STX-Werften in Saint-Nazaire zu fusionieren. Paris legt ein Veto ein – aus Angst, dass Italien erfährt, wie Frankreich seine Atom-U-Boote baut.

Italien hat also meist den Kürzeren gezogen. Doch jetzt tönt es aus Rom ganz anders: «Die Franzosen seien für ihren miserablen Präsidenten zu bemitleiden», twittert Matteo Salvini. Und Luigi di Maio bezichtigt Paris weiter des Kolonialismus‘ in Afrika, der so nur weiterhin Migranten nach Europa treibe. Und Infrastrukturminister Danilo Toninelli (ebensfals Cinquestelle) hat seinem französischen Kollegen eine Wirtschaftlichkeitsstudie für die Schnellbahnstrecke Turin-Lyon geschickt. Darin werde der Alpentunnel, den die Franzosen auf ihrer Seite der Grenze schon fast fertiggestellt haben, als «teures unnützes Loch» benannt.

Das ärgert Paris. Eben auch, weil der Präsident und seine Regierung keine Rezepte finden gegen eine Protestbewegung und sinkende Umfragewerte in der Bevölkerung. Gleichzeitig strotzen in Rom die National-Populisten voller Selbstbewusstsein – mit dem Rückhalt von über 60 Prozent der italienischen Wähler: Verkehrte Vorzeichen, die das Verhältnis zwischen den «Cugini», wie die Italiener gerne sagen, jetzt so schwierig macht.

Philipp Zahn

Auslandredaktor

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Philipp Zahn ist Teil der TV-Auslandredaktion von SRF. Davor berichtete er als Korrespondent aus Italien, Griechenland und der Türkei. Zahn studierte Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie in Berlin und Siena.

Meistgelesene Artikel