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Ein Hotelangestellter wäscht Teller
Legende: Im Kanton Genf hatte eine Allianz von linken Parteien und Gewerkschaften Mitte 2018 eine Volksinitiative zur Einführung eines minimalen Stundenlohns eingereicht. Keystone

Kanton Genf Kanton Genf entscheidet über Mindestlohn

Die Genferinnen und Genfer stimmen über eine Initiative ab, die einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde verlangt.

Am 27. September stimmen die Genferinnen und Genfer über die Gewerkschafts-Initiative «23 Franken sind ein Minimum» ab, die einen gesetzlichen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde verlangt. Dies entspricht einem Monatslohn von 4086 Franken.

In der Rekordzeit von nur dreieinhalb Wochen hatten die Initianten die notwendigen Unterschriften zusammen. Dieser schnelle Erfolg ist auch Ausdruck der Angst vor Lohndumping im Grenzkanton, wo viele Grenzgänger zu niedrigen Löhnen angestellt werden.

Vier weitere Abstimmungsvorlagen in Genf

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Zur Abstimmung gelangt im Kanton Genf zudem die Initiative «Zéro pertes», also «Null Verluste». Ihr Ziel ist es, den interkantonalen Steuerwettbewerb zu bekämpfen. Die Linke kritisiert, dass der Kanton Genf eine Milliarde Franken pro Jahr verliert, weil die Unternehmen steuerlich entlastet werden.

Die Genferinnen und Genfer werden sich weiter zu einer Gesetzesänderung äussern, die das Prinzip der Kompensation von aufgehobenen Parkplätzen im öffentlichen Raum lockern will.

Weiter geht es um die Wiedereinführung des alljährlich rotierenden Regierungspräsidiums. Dieses war 2013 durch ein für die ganze Legislatur dauerndes Präsidialamt abgelöst worden.

Bei der letzten Vorlage geht es um eine verfassungsmässig verankerte Defizitgarantie für die privatwirtschaftlich organisierte Genfer Einrichtung für die häusliche Pflege (Imad).

Ziel des Volksbegehrens ist, dass alle, die voll arbeiten, auch vom Lohn leben können. Die Initiative sieht deshalb eine jährliche Überprüfung des Mindestlohnes anhand der Lebenshaltungskosten vor; entsprechend wird dieser wenn nötig angepasst.

Der Staatsrat und eine Mehrheit des Grossen Rates lehnen die Initiative ab. Die Gegner argumentieren, Lohnverhandlungen gehörten in den Bereich der Sozialpartner. Zudem gebe es genügend Mechanismen im Arbeitsrecht, um Lohndumping zu verhindern.

Der Mindestlohn auf der politischen Agenda

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Der Mindestlohn war in den letzten Jahren immer wieder auf allen politischen Ebenen Thema. 2014 stimmte die Schweiz über die sogenannte Mindestlohn-Initiative ab. Der Versuch der Gewerkschaften und SP, schweizweit einen Mindestlohn einzuführen, scheiterte aber an der Urne deutlich mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 76.3 Prozent.

Als erster Kanton führte Neuenburg im Sommer 2017 einen Mindestlohn von 20 Franken ein. Kurz darauf im November zog der Kanton Jura nach. Eine entsprechende Initiative war zuvor an der Urne gutgeheissen worden. Auch im Kanton Tessin nahmen die Stimmberechtigten 2015 eine Volksinitiative an, wonach in einzelnen Branchen ein Mindestlohn eingeführt werden kann. Die Umsetzung ist allerdings durch Rekurse mehrerer Tessiner Unternehmen am Bundesgericht blockiert.

Debatten gab es seit 2018 im Thurgauer, Freiburger, Zürcher und Luzerner Kantonsparlament. Diese Vorstösse wurden klar verworfen. In Basel-Stadt wurde im Februar 2019 die Initiative «Kein Lohn unter 23.-» eingereicht. Die Vorlage gelangt nächstens mit einem Gegenvorschlag ins Kantonsparlament.

Auch auf kommunaler Ebene gibt es Vorstösse für die Einführung eines Mindestlohnes. So sind in der Deutschschweiz dieses Jahr in den Städten Zürich, Winterthur und Kloten entsprechende Initiativen gestartet worden. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien und Hilfswerken fordert jeweils einen gesetzlichen Stundenlohn von mindestens 23 Franken.

(Anmerkung der Redaktion: diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

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