Zuhinterst im Lötschental, auf über 2300 Metern, liegt die Anenhütte. Umgeben von Gletschern und hochalpinen Gipfeln, mitten im Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch.
Normalerweise kehren hier im Sommer Dutzende Wanderinnen und Bergsteiger ein und lassen sich bewirten. Doch seit dem Berg- und Gletschersturz oberhalb von Blatten Ende Mai ist die Hütte von der Aussenwelt abgeschnitten – der Zugang über die Fafleralp zerstört.
Nun kehrt die Betreiberfamilie Tscherrig zum ersten Mal zurück. Mit Sonderbewilligung fliegen Peter Tscherrig und seine Frau Prisca zusammen mit Peters Sohn und Hüttenwart Christian hinauf zu «ihrer» Anenhütte. Ein Moment voller Wehmut. «Normalerweise wären wir jetzt mitten in der Saison. Betrieb, Gäste, Leben – und jetzt ist da nichts», sagt Hüttenwart Christian Tscherrig.
Arbeit trotz Stille
Stillstand gibt es aber nicht. Die Anenhütte ist eine private, unabhängige Berghütte – Strom liefert ein kleines Wasserkraftwerk, die Technik muss regelmässig kontrolliert werden.
Die Gäste bleiben aus, doch die Arbeit bleibt
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Bild 1 von 7. Die Anenhütte liegt im Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 2 von 7. Von der Hüttenterrasse aus sieht man den Schuttkegel, der Blatten getroffen hat. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 3 von 7. Vor 17 Jahren hat Peter Tscherrig die Anenhütte für acht Millionen Franken neu gebaut, nachdem eine Lawine die alte Hütte verschüttet hatte. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 4 von 7. Alles muss regelmässig kontrolliert werden, damit keine grossen Schäden entstehen – auch die Wasserleitungen. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 5 von 7. Eigentlich hätte die Saison in der Anenhütte Mitte Juni beginnen sollen. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 6 von 7. Und normalerweise ist der Aufenthaltsraum voller Leben. Doch jetzt herrscht hier Ruhe. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
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Bild 7 von 7. Auch die Zimmer bleiben leer. Hier das luxuriöseste Zimmer der Anenhütte mit privater Sauna. Bildquelle: SRF/ Anna-Lisa Achtermann.
Leitungen spülen, Filter wechseln, Schäden beheben. «Ein Haus, das leer steht, geht schneller kaputt als eines, in dem gelebt wird», erklärt Peter Tscherrig, während er die Wasserhähne öffnet.
Die Freude über das laufende Wasser ist jedoch nur kurz: Ein Hahn tropft. «So sieht man, was passiert, wenn man nicht regelmässig hinschaut», ergänzt Prisca Schäppi Tscherrig.
Saison abgesagt – Einnahmen weg
Eigentlich war fast alles bereit: Die Betten gemacht, Platz für 50 Gäste pro Nacht. Doch nach dem Bergsturz bleiben die Touristinnen und Touristen aus – ein schwerer Schlag, auch finanziell. «Wir müssen die Hütte unterhalten, Versicherungen bezahlen – der Aufwand ist sogar noch grösser, wenn sie geschlossen bleibt», sagt Peter Tscherrig.
Meine Hoffnung ist, dass Blatten wieder aufersteht. Dann hat auch die Anenhütte wieder eine Zukunft
Auf Solidaritätsbeiträge hoffen sie nicht vorrangig. «Zuerst sollen die Menschen in Blatten Unterstützung erhalten, die alles verloren haben. Wenn danach noch Hilfe für Betriebe bereitsteht, nehmen wir das gerne an.»
Warten bis 2027
Wann die Anenhütte wieder Gäste empfangen kann, ist ungewiss. Erst wenn die Fafleralp neu erschlossen ist, könnte der Betrieb wieder aufgenommen werden – laut Gemeinde Blatten frühestens 2027. Bis dahin bleibt die Hütte ein stiller Ort, voller Erinnerungen.
«Meine Hoffnung ist, dass Blatten wieder aufersteht. Dann hat auch die Anenhütte wieder eine Zukunft», sagt Peter Tscherrig. Sohn Christian ergänzt: «Damit die Hütte weiterlebt, braucht es zuerst das Dorf. Blatten ist die Basis.»
Die Zukunft des Tourismus im hinteren Lötschental bleibt offen. Für die Familie Tscherrig ist die Anenhütte jedoch mehr als nur ein Haus in den Bergen: Sie ist Hoffnung, Erinnerung – und ein Zuhause, das irgendwann wieder erwachen soll.