Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Nach Bergsturz in Blatten VS Abgeschnitten auf 2300 Metern: Das Schicksal der Anenhütte

Wo sonst Wanderinnen und Bergsteiger einkehren und übernachten, herrscht nun Stille. Zwischen Kontrolle der Leitungen und Erinnerungen an volle Stuben wird klar: Die Zukunft der Anenhütte ist ungewiss – und hängt am Schicksal des Dorfes Blatten.

Zuhinterst im Lötschental, auf über 2300 Metern, liegt die Anenhütte. Umgeben von Gletschern und hochalpinen Gipfeln, mitten im Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch.

Normalerweise kehren hier im Sommer Dutzende Wanderinnen und Bergsteiger ein und lassen sich bewirten. Doch seit dem Berg- und Gletschersturz oberhalb von Blatten Ende Mai ist die Hütte von der Aussenwelt abgeschnitten – der Zugang über die Fafleralp zerstört.

Drei lächelnde Personen in Outdoor-Kleidung und Sonnenbrillen.
Legende: Sie freuten sich auf die neue Saison: Hüttenwart Christian Tscherrig (links) und die Eigentümer der Anenhütte, Peter Tscherrig und Prisca Schläppi Tscherrig. SRF/ Anna-Lisa Achtermann

Nun kehrt die Betreiberfamilie Tscherrig zum ersten Mal zurück. Mit Sonderbewilligung fliegen Peter Tscherrig und seine Frau Prisca zusammen mit Peters Sohn und Hüttenwart Christian hinauf zu «ihrer» Anenhütte. Ein Moment voller Wehmut. «Normalerweise wären wir jetzt mitten in der Saison. Betrieb, Gäste, Leben – und jetzt ist da nichts», sagt Hüttenwart Christian Tscherrig.

Arbeit trotz Stille

Stillstand gibt es aber nicht. Die Anenhütte ist eine private, unabhängige Berghütte – Strom liefert ein kleines Wasserkraftwerk, die Technik muss regelmässig kontrolliert werden.

Die Gäste bleiben aus, doch die Arbeit bleibt

Leitungen spülen, Filter wechseln, Schäden beheben. «Ein Haus, das leer steht, geht schneller kaputt als eines, in dem gelebt wird», erklärt Peter Tscherrig, während er die Wasserhähne öffnet.

Die Freude über das laufende Wasser ist jedoch nur kurz: Ein Hahn tropft. «So sieht man, was passiert, wenn man nicht regelmässig hinschaut», ergänzt Prisca Schäppi Tscherrig.

Saison abgesagt – Einnahmen weg

Eigentlich war fast alles bereit: Die Betten gemacht, Platz für 50 Gäste pro Nacht. Doch nach dem Bergsturz bleiben die Touristinnen und Touristen aus – ein schwerer Schlag, auch finanziell. «Wir müssen die Hütte unterhalten, Versicherungen bezahlen – der Aufwand ist sogar noch grösser, wenn sie geschlossen bleibt», sagt Peter Tscherrig.

Meine Hoffnung ist, dass Blatten wieder aufersteht. Dann hat auch die Anenhütte wieder eine Zukunft
Autor: Peter Tscherrig Eigentümer Anenhütte, Blatten VS

Auf Solidaritätsbeiträge hoffen sie nicht vorrangig. «Zuerst sollen die Menschen in Blatten Unterstützung erhalten, die alles verloren haben. Wenn danach noch Hilfe für Betriebe bereitsteht, nehmen wir das gerne an.»

Warten bis 2027

Wann die Anenhütte wieder Gäste empfangen kann, ist ungewiss. Erst wenn die Fafleralp neu erschlossen ist, könnte der Betrieb wieder aufgenommen werden – laut Gemeinde Blatten frühestens 2027. Bis dahin bleibt die Hütte ein stiller Ort, voller Erinnerungen.

«Meine Hoffnung ist, dass Blatten wieder aufersteht. Dann hat auch die Anenhütte wieder eine Zukunft», sagt Peter Tscherrig. Sohn Christian ergänzt: «Damit die Hütte weiterlebt, braucht es zuerst das Dorf. Blatten ist die Basis.»

Eine Million Franken für Hilfe nach Naturkatastrophen

Box aufklappen Box zuklappen

Die Walliser Regierung will Unternehmen und Selbstständigen helfen, die von einer Naturkatastrophe betroffen sind, aber die Versicherung nichts zahlt.

Mit dieser Härtefallhilfe von insgesamt einer Millione Franken sollen Betriebe im oberen Val de Bagnes, auf der Fafleralp bei Blatten und der Campingplatz in Arolla unterstützt werden.

Diese Wirtschaftsakteure hätten keinen Anspruch auf die üblichen Versicherungsleistungen, schreibt der Staatsrat am Dienstag in einer Mitteilung. Deshalb brauche es eine spezifische Massnahme, damit die Betriebe in den betroffenen Bergregionen weiter bestehen können.

Ein Kriterium für die finanzielle Unterstützung ist, dass die betroffenen Betrieben während mindestens 40 Tagen innerhalb eines Geschäftsjahres nicht arbeiten konnten.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die zuständige Gemeinde ebenfalls ein Finanzhilfeinstrument einführt.

Das Unwetter vom Sommer 2024 hatte das obere Val de Bagnes besonders heftig heimgesucht und dort grosse Schäden an der Infrastruktur verursacht. Im vergangenen Juli ordneten die Walliser Behörden wegen der Gefahr von Murgängen die Schliessung des Campingplatzes in Arolla an. Die Fafleralp ist wegen des Bergsturzes in Blatten von Ende Mai nicht zugänglich.

Nach Angaben des Staatsrats könnten rund 20 Unternehmen die Härtefallhilfe beanspruchen.

Die Zukunft des Tourismus im hinteren Lötschental bleibt offen. Für die Familie Tscherrig ist die Anenhütte jedoch mehr als nur ein Haus in den Bergen: Sie ist Hoffnung, Erinnerung – und ein Zuhause, das irgendwann wieder erwachen soll.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 16.9.2025, 17:30 Uhr und Schweiz aktuell, 16.9.2025, 19:00 Uhr;gygm;swak

Meistgelesene Artikel