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100 Kantonsräte vorgeladen Was ist los im Waadtländer Kantonsparlament?

Der Waadtländer Generalstaatsanwalt Eric Kaltenrieder hat zwei Drittel der gewählten Parlamentarier im Kantonsrat der Waadt zu einer Einvernahme aufgeboten. Betroffene sind irritiert und verärgert. Doch die Staatsanwaltschaft verweigert jede Auskunft, worum es in der Strafuntersuchung geht.

Es ist ein Mysterium. Es gibt viele Gerüchte, aber nichts Sicheres.
Autor: David Raedler Kantonsrat der Waadt und Anwalt

So etwas hat es im Kanton Waadt noch nie gegeben und dürfte auch schweizweit einzigartig sein. Alle 100 männlichen Parlamentarier des 150-köpfigen Kantonsrats wurden zu einer Einvernahme aufgeboten, auch der Lausanner Anwalt David Raedler. Er sagt: «Es ist ein Mysterium. Es gibt viele Gerüchte, aber nichts Sicheres.» Es sei absolut unklar, worum es gehe. Zudem fänden die Einvernahmen erst in drei Wochen statt, um eine dringliche Angelegenheit könne es sich also nicht handeln.

Geht es um eine Amtsgeheimnisverletzung?

Als Gerücht kursiert, dass die Staatsanwaltschaft das Leak einer möglichen Amtsgeheimnisverletzung finden will. Vor wenigen Wochen hat ein von der Regierung eingesetzter Experte aufgezeigt, dass die kantonale Steuerverwaltung zehn Jahre lang ein illegales Steuerregime betrieb. Die Zeitung «Le Temps» kannte Teile des Berichts womöglich vor der Präsentation. Die Regierungspräsidentin erstattete jedenfalls eine Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung.

Aber auch vor diesem Hintergrund machen die Einvernahmen für Anwalt Raedler wenig Sinn. Alle würden als Zeugen befragt, aber niemand als Auskunftsperson. Es gebe offenbar keine Verdächtigen, vielmehr werde das Parlament unter Generalverdacht gestellt.

Es gibt absolut keinen Generalverdacht.
Autor: Vincent Derouand Sprecher der Waadtländer Staatsanwaltschaft

Den Vorwurf eines Generalverdachts dementiert Vincent Derouand, Sprecher der Staatsanwaltschaft. «Es gibt absolut keinen Generalverdacht.» Der Generalstaatsanwalt wolle in einem laufenden Strafverfahren die aufgebotenen Parlamentarier einvernehmen. Über den Inhalt der Befragung will Derouand nichts preisgeben.

Vorladungstermin verschoben

Die Einvernahmen wollte der Generalstaatsanwalt just am Tag einer Sitzung des Kantonsrates durchführen. Dieser Termin wurde nun verschoben.

David Raedler erinnert daran, wer den betreffenden Staatsanwalt jeweils wählt. Es ist der Kantonsrat, von dem nun alle männlichen Mitglieder vorgeladen wurden. Sollte sich die Aktion als Farce herausstellen, schliesst Raedler nicht aus, dass das Parlament dem Generalstaatsanwalt am Ende die Wiederwahl verweigert.

Rendez-vous, 19.9.2025, 12:30 Uhr;liea

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