Zirkus Nock und Zirkus Royal – es sind zwei grosse Namen aus der Schweizer Zirkuswelt, die in den letzten Jahren verschwunden sind. Die Unterhaltungsbranche ist übersättigt, zu hoch sind die Platzmieten und zu kompliziert die Auflagen.
Der Circus Monti aus Wohlen AG trotzt den erschwerten Bedingungen und ist seit letzter Woche auf Jubiläumstournee. Mit dabei ist auch Andreas Ziörjen. Der inzwischen Pensionierte war zum ersten Mal vor 36 Jahren als Werkstattmitarbeiter mit dem Zirkus unterwegs. Seither hat ihn das Zirkusleben nicht mehr losgelassen.
Über einen Freund kam Ziörjen vor 36 Jahren zum Circus Monti, wo er sich einen Job als Werkstattmitarbeiter ergatterte. Er erinnert sich noch gut an die Anfangszeit. «Das war ein Wagnis, was Hildegard und Guido Muntwyler da angepackt haben.» Die Tage waren streng: «In 9 Monaten bereisten wir über 100 Spielorte. Es war eine sehr intensive Zeit.»
Am Abend seien alle nur noch todmüde ins Bett gefallen. Motiviert hat Ziörjen damals die Aufbruchstimmung, die im Zirkus herrschte. «Das Team spürte, dass die Muntwylers etwas Gutes und Schönes kreieren wollten, und alle haben mitgezogen.»
Mit der Zeit kam die Professionalisierung
Damals sei alles noch nicht so professionell gewesen wie heute. «Ich kann mich gut an den einen Artisten erinnern, der erst am Tag vor der Premiere angereist war», erzählt Ziörjen. «Das funktionierte damals, weil die Nummern für sich standen und einfach aneinandergereiht wurden.» Schmunzelnd fügt er hinzu: «Damals gab es ja auch noch die Nummerngirls.»
Auch wenn noch nicht alles so professionell war wie heute: «Die Artistinnen und Artisten verzauberten das Publikum trotzdem», betont der Werkstattmitarbeiter.
40 Jahre Circus Monti
Heute sind die Vorstellungen durchgetaktet. Ein Regisseur oder eine Regisseurin plant die Nummern, die mit fliessenden Übergängen eine Mischung aus Zirkus, Spektakel und Theater bilden. Das aktuelle Programm mit dem Titel «Weil wir fliegen können!» hat ein dreiköpfiges Kreativteam zusammengestellt.
Andreas Ziörjen ist überzeugt, dass der Zirkus auch im digitalen Zeitalter seine Berechtigung hat. «Man muss einfach innovativ bleiben und mit ganzem Herzen Zirkus machen.»
Ein weiterer Punkt, der sich seit den Anfängen geändert hat, ist der Verzicht auf Tiernummern. Während früher noch Pferde, Ziegen oder Kleintiere in der Manege ihre Kunststücke aufführten, ist Monti seit 2011 ganz ohne tierische Unterhaltung unterwegs. «Exotische Tiere hat es im Monti nie gegeben», betont Andreas Ziörjen. Das habe nie zur Philosophie von Monti gepasst.
Ein letztes Mal mit Monti unterwegs
Auch wenn er inzwischen pensioniert ist, hat er sich entschieden, noch eine Saison als Werkstattmitarbeiter beim Circus Monti anzuhängen. «Monti begleitet mich schon mehr als mein halbes Leben lang», sagt Ziörjen.
Wer einmal Sägemehl in den Schuhen hatte, wird es nicht mehr los.
Für Andreas Ziörjen ist es vermutlich die letzte Tournee mit dem Circus Monti. Trotzdem werde er mit der Familie Muntwyler und dem Zirkus immer in Verbindung bleiben. «Man sagt in der Zirkusszene: Wer einmal Sägemehl in den Schuhen hatte, wird es nicht mehr los.»