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5G-Gegner mobilisieren Der Initiativ-Salat ist angerichtet

Fünf verschiedene Volksinitiativen von fünf verschiedenen Komitees: Die Gegner von Mobilfunkstrahlung lancieren eine Initiativ-Flut.

Die Bewegung der Mobilfunkgegner erlebt derzeit einen Höhenflug. Überall in der Schweiz bilden sich Bürgerkomitees, die sich gegen 5G-Antennen zur Wehr setzen. «Es ist ein regelrechter Volksaufstand im Gange», frohlockt etwa ein Vorreiter der Antennengegner, Hans-Ulrich Jakob, seit 30 Jahren im Kampf gegen Mobilfunkstrahlung.

Nun wollen die 5G-Gegner den politischen Druck erhöhen. Gleich fünf Volksinitiativen sollen in den nächsten Monaten lanciert werden. Zwei der fünf Komitees sammeln bereits Unterschriften.

Handyfreie Schulen und ÖV

Gute Chancen auf 100’000 Unterschriften rechnet sich etwa die «Mobilfunkhaftungs-Initiative» aus. Ihr Ziel ist es, dass Mobilfunk-Betreiber für Schäden an Personen oder Sachen, die durch die Strahlung ihrer Antennen verursacht werden, aufkommen müssen. So will die Initiative verhindern, dass sich die Mobilfunkanbieter aus der Verantwortung stehlen, sollte dereinst festgestellt werden, dass Handystrahlung in breitem Masse schädlich ist.

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Viel grösser ist der Forderungskatalog der «Mobilfunk-Initiative – für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk». Sie will unter anderem in der Verfassung festschreiben, dass die Grenzwerte nicht erhöht werden dürfen.

Eine weitere Initiative stammt von einer Gruppe aus der Romandie: Ihr Initiativtext fordert die Senkung der heutigen Grenzwerte auf rund ein Zehntel. Sie will Bussen bis zu 10’000 Franken pro Tag für jene Betreiber einführen, die sie nicht einhalten.

Eine Handyantenne hinter einem Baum
Legende: Handyantennen sind vielen ein Dorn im Auge – auf eine gemeinsame Initiative konnten sich 5G-Gegner aber nicht einigen. Keystone

Im Frühling 2020 will zudem die erst im Herbst gegründete Patientenschutzorganisation «Frequencia» ihre eigene Initiative «für strahlungsarme Lebensräume» lancieren. Sie fordert, dass die Abstrahlung der Antennen massiv gesenkt wird, damit die Funkstrahlung nicht in private Wohnbereiche dringt. Wer sein Handy in Innenräumen nutzen wolle, könne dies über Kabel und Drahtlosnetzwerke tun.

Erst in der Ausarbeitung ist die fünfte Initiative «Gemeinde-Autonomie für Mobilfunkabdeckung» der «Freiheitlichen Bewegung Schweiz». Sie will den Gemeinden das letzte Wort darüber überlassen, ob und wo Antennen errichtet werden dürfen. So erhoffen sich die Initianten mehr strahlungsfreie Zonen.

Ist die Flut kontraproduktiv?

Dass nun eine wahre Initiativ-Flut losgetreten werden, wird in der Szene der 5G-Gegner auch kritisch beurteilt. «Ich hätte mir gewünscht, man hätte sich auf eine Initiative einigen können und die Kräfte gebündelt, statt sich mit fünf zu verzetteln», sagt selbst Hans-Ulrich Jakob. Doch Versuche, die Gruppen an einen Tisch zu bringen, seien gescheitert. «Jeder findet sein eigenes Anliegen das wichtigste.»

Ohnehin scheint es in der Szene der Mobilfunkgegner generell bei der Kommunikation zu hapern. Selbst die Konsumentenschutz-Organisation «Frequencia», die sich die Bündelung der verschiedenen Kräfte in den unterschiedlichen Sprachregionen auf die Fahne geschrieben hat, scheint bei der Koordination zu scheitern.

«Die Mobilfunk-Kritiker-Szene besteht aus ganz unterschiedlichen Gruppen, die bisher kaum Kontakt hatten», sagt deren Vorstandsmitglied Peter Schlegel. Die Gefahr, dass durch Unübersichtlichkeit und mehrspurige Kommunikation Schlagkraft verloren gehe, sei nicht von der Hand zu weisen. «Derzeit müssen wir Doppelspurigkeiten in Kauf nehmen», sagt Peter Schlegel, «die generelle Stossrichtung aber ist dieselbe.»

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