- Ein junger Italiener aus dem Aargau erhält wohl doch den Schweizer Pass. Dies, obwohl ihn die zuständige Kommission des Kantonsparlaments nicht einbürgern wollte.
- Das Verwaltungsgericht hat eine Beschwerde teilweise gutgeheissen. Die Politik habe «willkürlich» entschieden.
- Nun fordert die Aargauer Politik klarere Regelungen.
Es sah nach einer ganz gewöhnlichen Einbürgerung aus. Ein 15-jähriger italienischer Junge beantragte das Bürgerrecht, die Behörden der Wohngemeinde bezeichneten ihn als «integriert» und überwiesen den Entscheid an die zuständige Kommission im Aargauer Grossen Rat. Doch dann wendete sich das Blatt.
Die Einbürgerungskommission lehnte das Gesuch ab, wie in einem Urteil des Verwaltungsgerichts nachzulesen ist. Der Grund: Der 15-jährige Italiener hatte zwei Einträge bei der Jugendanwaltschaft. Die Polizei hatte ihn zweimal mit einem «frisierten» Mofa erwischt, mit einem «nicht typenkonformen Auspuff».
Jugendsünde oder kriminelle Energie?
Grund genug für die Einbürgerungskommission, das Gesuch für den Schweizer Pass abzulehnen. Sie habe «festgestellt, dass die Bereitschaft, aus den beiden Fehlern zu lernen, eher gering ist». Denn der junge Italiener hatte in einer Stellungnahme geschrieben, auch andere Jugendliche in seinem Alter würden Fehler begehen. «Eine erfolgreiche Integration kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht bejaht werden», befand die Kommission.
Nun wendet sich das Blatt erneut: Das Verwaltungsgericht gibt den Entscheid an die Kommission zurück. Er sei «willkürlich», heisst es im Urteil. Natürlich müssten Menschen, die den Schweizer Pass wollen, unter anderem auch die «öffentliche Sicherheit und Ordnung beachten». Eine Einbürgerung könne aber nur verweigert werden, wenn jemand Gesetze «erheblich oder wiederholt» missachtet.
Zwei Vergehen im Teenager-Alter seien «kein gewichtiger Indikator für verfestigtes kriminelles Verhalten» und es sei unhaltbar, dass man für eine Einbürgerung eine «in jeder Hinsicht weisse Weste» verlange. Die Kommission muss das Gesuch deshalb erneut prüfen und darf – so das Gericht – ihren Ermessensspielraum dabei nicht «missbrauchen».
Politik will mehr Klarheit
Erst kürzlich schon hatte das Aargauer Verwaltungsgericht einen anderen Einbürgerungsentscheid der Aargauer Politik kassiert. Dabei ging es um die Einbürgerung eines jungen Mannes, der mehrfach kleine Ladendiebstähle begangen hatte, mit einem Warenwert von insgesamt etwa 120 Franken.
Politikerinnen und Politiker von SVP, FDP und Mitte fordern nun deshalb in einem Vorstoss klarere – und strengere – Regeln für die Einbürgerung im Aargau. So dürfte es für einen Schweizer Pass künftig keinerlei Einträge im Strafregister mehr geben und auch kleinere Übertretungen gälten als Ausschlusskriterien. Die Kantone dürften das geltende Bundesrecht verschärfen, sagt Grossrat Harry Lütolf (Mitte) dazu.
Es gibt allerdings auch Stimmen in der Aargauer Politik, welche die Einbürgerungskommission abschaffen möchten. Die Einbürgerung sollte aus Sicht linker Politikerinnen und Politiker auch im Aargau von der Exekutive erledigt werden, durch Regierung und Verwaltung. So sagt SP-Kommissionsmitglied Lea Schmidmeister gegenüber SRF, die politische Kommission fälle Bauchentscheide. «Die Sachlichkeit ist abhandengekommen». Harry Lütolf hingegen möchte die Kommission zwingend behalten – auch wenn die Regeln klarer wären. «Ohne diese Kommission gibt es keine öffentlichen Diskussionen mehr über die Einbürgerung.»