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Abbau der Corona-Schulden Maurer: «Wir können die Schulden nicht einfach stehen lassen»

26 Milliarden Corona-Schulden hat die Schweiz angehäuft. Heute hat der Ständerat diskutiert, wie diese abgebaut werden sollen. Finanzminister Ueli Maurer will alle Schulden abbauen – im Gegensatz zum Nationalrat. Der Finanzminister erklärt, warum dies für ihn das richtige Vorgehen ist.

Ueli Maurer

Alt-Bundesrat

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Ueli Maurer ist 1950 geboren. Er erwarb das eidgenössische Buchhalterdiplom und war von 1994 bis 2008 Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes. Bis Ende 2008 war er auch Präsident des Verbandes Schweizerischer Gemüseproduzenten und des Schweizer Maschinenrings. Zudem war Maurer von 1996 bis 2008 Präsident der SVP Schweiz. Von 1991 bis zu seiner Wahl in den Bundesrat war er Nationalrat. Der SVP-Politiker war von 2009 bis 2022 Bundesrat, bis 2016 Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und danach Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

SRF News: Im Parlament wird gern das Sprichwort bemüht «Spare in der Zeit, so hast du in der Not». Herrscht momentan keine Not?

Ueli Maurer: Im Moment schaffen wir es gerade noch so knapp, aber die Aussichten sind nicht wahnsinnig günstig. Bis jetzt war es immer holprig, ist aber gerade so gegangen.

Wir haben einen Krieg, eine Energiekrise und eine Inflation, die noch weiter zunehmen könnte. Ist das wirklich die richtige Zeit zum Sparen, um Schulden abzubauen?

Wir sparen eigentlich nicht, wir buchen einfach die künftigen Erträge direkt auf den Schuldenabbau.

Das heisst aber, dass weniger Geld da ist für anderes: Für einen Rettungsschirm, für Stromunternehmen oder andere Ausgaben, die nicht planbar sind. Dafür stünden etwa die Nationalbank-Gewinne nicht zur Verfügung.

Sofern die Nationalbank Gewinn hat, würden wir einen Teil für den Schuldenabbau brauchen. Aber da geht es um wenig Geld – wenn sie überhaupt kommen, die Gewinne. Ich glaube, man muss immer die künftigen Probleme in der Zukunft lösen und nicht in der Vergangenheit.

Man muss immer die künftigen Probleme in der Zukunft lösen und nicht in der Vergangenheit.

Die Schweiz könnte aber auch nur die Hälfte der Schulden abbauen, wie es der Nationalrat vorschlägt.

Wir können die Schulden nicht einfach stehen lassen und das Geld für etwas anderes brauchen. Das ist ja genau das Gefährliche: Das Parlament braucht das Geld einfach für weiteren Konsum, das macht keinen Sinn.

Wir bringen es schon nicht fertig, die Schulden rechtzeitig innert sechs Jahren zurückzuzahlen, wie es die Schuldenbremse verlangt. Wenn wir sie jetzt noch mit Überschüssen der vergangenen Jahre verbuchen, werden wir den Versprechen nicht gerecht, die wir gemacht haben. Dann machen wir nichts anderes, als den Leuten zu sagen, dass sie in Zukunft mehr Steuern zahlen müssen. Das wollen wir nicht.

Man könnte auch sagen: Die Schweiz hat ja bewiesen, mit der Schuldenbremse in den letzten Jahren, dass sie sparen kann. Jetzt kommt eine etwas schwierigere Zeit ...

... und jetzt gäben wir sie auf. Das dürfen wir eben genau nicht. Ich denke, wenn man Kinder hat, oder die Kinder auf der Strasse anschaut, die jetzt in die Schule gehen: Die bezahlen das, wenn wir es nicht selbst machen. Wir müssen das, was wir anrichten, wieder auslöffeln.

Irgendjemand bezahlt es. Irgendjemand, das sind unsere Kinder.

Falls die Corona-Ansteckungen wieder steigen, könnten wieder mehr Tests gebraucht werden, dazu kommen neue Impfungen. Befürchten Sie, dass die Corona-Schulden weiter ansteigen?

Nein, ich glaube eigentlich nicht. Wir haben für die Testkosten nächstes Jahr im Budget nochmal 180 Millionen Franken drin und 230 Millionen für Impfungen. Das muss einfach reichen. Ich glaube, wir können mit Corona umgehen in diesem Bereich.

Sie gelten als Sparfuchs. Wenn die Schulden mal abgebaut sind, wofür würden Sie gern etwas mehr Geld ausgeben?

Der Staat darf nicht einfach mehr Geld ausgeben. Ich denke immer an meine Putzfrau, die morgens um fünf Uhr mein Büro putzt und dann wieder nach Hause geht, um auf ihre Kinder aufzupassen. Ihr dürfen wir nicht mehr Geld wegnehmen, als unbedingt nötig ist.

Alles, was wir dringend machen müssen, haben wir jetzt auf der Schiene. Das Zusätzliche ist nice to have. Und irgendjemand bezahlt es. Irgendjemand, das sind unsere Kinder. Und das darf nicht sein.

Das Gespräch führte Larissa Rhyn.

Tagesschau, 14.09.2022, 18:00 Uhr ; 

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