Zum Inhalt springen

Abstimmung über Eigenmietwert Klares Ja mit Potenzial für ein Nein

Die 1. SRG Umfrage zu den Abstimmungen vom 28. September zeigt zwar ein deutliches Ja für die Abschaffung des Eigenmietwerts. Doch diese Klarheit könnte trügerisch sein. Das Rennen ist noch völlig offen.

Die Sensation scheint greifbar. Dreimal hat das Volk bereits die Abschaffung des Eigenmietwerts abgelehnt – einer Steuer, die 1934 in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten als Krisenabgabe national eingeführt wurde. Jetzt aber scheint die von vielen Wohneigentümern herbeigesehnte Abschaffung realistisch.

In der ersten SRG-Umfrage von GFS Bern tendieren 58 Prozent zu einem Ja, während nur gerade 33 Prozent zu einem Nein tendieren. Und selbst eine relative Mehrheit der SP-Basis sagt in der Umfrage Ja zur Abschaffung. Alles klar also? Nein.

Das Bauchgefühl ist volatil

Die Klarheit könnte trügerisch sein. Die Studienautorinnen wagen noch keine Prognose. Ihre Umfrage zeigt nämlich auch, dass die Meinungsbildung erst am Anfang steht. Wichtig: Die Mehrheit der Befragten kann ihre Haltung nicht begründen. Das heisst, sie haben bei der Umfrage aus dem Bauch heraus entschieden. Und das Bauchgefühl ist bekanntlich volatil. Apropos Bauchgefühl: Gefragt nach dem Ausgang der Volksabstimmung, rechnen die Befragten mit einem hauchdünnen Nein. So viel zur vermeintlich klaren Ja-Mehrheit.

Fangen wir also noch einmal von vorne an und schauen uns die Fakten an, die für ein Ja oder für ein Nein sprechen. Dem Ja-Lager hilft sicher das Geld. Und es geht um richtig viel Geld. Die Ja-Seite verfügt über zwanzigmal mehr Geld als die Nein-Seite. Das ist rekordverdächtig und zeigt, welche einmalige Chance der Hauseigentümerverband in der kommenden Abstimmung sieht, den ungeliebten Eigenmietwert endlich loszuwerden. Die Ja-Kampagne verfügt über ein Budget von mehr als sieben Millionen Franken.

Zu viele Hunde sind des Hasen Tod

Für die Ja-Seite spricht auch, dass Pensionierte überdurchschnittlich oft an Abstimmungen teilnehmen. Und die SRG-Umfrage zeigt, dass die Zustimmungsteilnahme zur Eigenmietwert-Abschaffung in dieser Altersgruppe klar am grössten ist.

Dem Nein-Lager hingegen könnte die Erfahrung helfen, die in der Redensart zum Ausdruck kommt: Zu viele Hunde sind des Hasen Tod. Die Medienkonferenz des Nein-Komitees hat Anfang Woche gezeigt, wie breit gefächert und wie unterschiedlich die Motive derjenigen sind, die für ein Nein werben. Neben der Linken sind Vertreter gleich dreier Wirtschaftsverbände aus den Bereichen Gebäudetechnik und erneuerbare Energien aufgetreten. Sie befürchten weniger Aufträge und weniger energetische Sanierungen, da mit der Abschaffung des Eigenmietwerts auch die Unterhaltsabzüge wegfallen würden.

Dazu kommen die Tourismuskantone, welche hohe Einnahmeverluste befürchten – weil der Eigenmietwert auch auf Zweitwohnungen abgeschafft würde – und wenig Lust verspüren, eine neue kantonale Objektsteuer auszuarbeiten, um die Ausfälle kompensieren zu können.

Steuerausfälle könnten dem Nein-Lager helfen

Und schliesslich hilft auch dem Nein-Lager das Geld. Und auch da geht es um viel Geld. Um 1.8 Milliarden Franken. So hoch sind die prognostizierten Steuerausfälle für Bund und Kantone beim aktuellen Hypothekarzinsniveau. Und diese Ausfälle fallen doppelt ins Gewicht, da dem Bund in den nächsten Jahren Milliarden fehlen, um die zunehmenden Ausgaben für die AHV und die Armee zu finanzieren.

Genau darum hat ja der Bundesrat ein milliardenschweres «Entlastungspaket» geschnürt, das demnächst ins Parlament kommt. Die Abstimmung dürfte also sehr spannend werden. Heute ist ihr Ausgang noch völlig offen.

Georg Halter

Bundeshausredaktor

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Georg Halter ist seit Anfang 2022 Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor hat er in der Tagesschau als Redaktor und Moderator gearbeitet sowie als Basel-Korrespondent. Georg Halter ist seit 2005 für SRF tätig.

SRF 4 News, 22.08.2025, 6 Uhr; noes

Meistgelesene Artikel