Rund 54 Prozent der Zürcher Stimmberechtigten verwerfen die Vorlage. Sie wollen die Wartefrist für Stipendien bei vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländern nicht abschaffen. Betroffene im Kanton Zürich müssen auch in Zukunft fünf Jahre warten, bis sie Gelder beantragen können. Dies etwa, wenn sie eine Lehre oder ein Studium machen wollen.
Die Grünen, die GLP und die EVP wollten diese Wartefrist abschaffen. Auch die Zürcher Regierung und eine Mehrheit des Kantonsparlaments haben eine entsprechende Änderung des Bildungsgesetzes angenommen.
Sie sahen darin einen wichtigen Schritt hin zur Integration. Für Betroffene seien Stipendien eine grosse Hilfe, um beruflich Fuss zu fassen und sich selbst zu finanzieren.
Aktuell beziehen rund 220 vorläufig Aufgenommene im Kanton Zürich ein Stipendium. Bei einem Ja zur Gesetzesänderung wären es schätzungsweise doppelt so viele gewesen. Die Kantonsregierung rechnete im Abstimmungskampf mit zusätzlichen Kosten von drei Millionen Franken pro Jahr.
Gegner warnten vor Mehrkosten
Die SVP hatte das Referendum gegen die Vorlage ergriffen. Auch EDU und FDP waren gegen rasche Stipendien für vorläufig Aufgenommene. Diese Menschen dürften aufgrund ihres negativen Asylentscheids gar nicht erst hier sein. Deshalb müsse der Staat ihnen auch keine Ausbildung finanzieren.
Es zeigt sich, dass die Stimmberechtigten nicht der Mehrheit im Kantonsrat vertrauen, sondern uns.
Dieses Argument dürfte die Stimmbevölkerung überzeugt haben. Das Nein ist eher überraschend, weil die Mehrheit der Parteien im Kanton für eine Abschaffung der Wartefrist war. Doch vor allem die SVP hat aus der Vorlage eine Grundsatzdebatte über das Asylrecht gemacht.
Befürworterinnen sehen verpasste Chance
SVP-Kantonsrat Tobias Infortuna hat die Nein-Kampagne geleitet. Er sagt: «Es zeigt sich, dass die Stimmberechtigten nicht der Mehrheit im Kantonsrat vertrauen, sondern uns.» Infortuna verweist darauf, dass die Gemeinden seit dem Sommer mehr Asylsuchende aufnehmen müssen. Das habe Konsequenzen. «Die Bevölkerung ist nicht mehr bereit, jene grosszügig zu unterstützen, die das Land verlassen müssen.»
Viele vorläufig Aufgenommene werden weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen sein.
Die linken Parteien auf der Gegenseite werfen der SVP vor, das Thema instrumentalisiert zu haben. Jasmin Pokerschnig von den Grünen sagt: «Es ist unschön, wenn man ein Bildungsthema so missbraucht für eine Migrationsdebatte.» Die Kantonsrätin sieht im Nein eine verpasste Chance. «Viele vorläufig Aufgenommene werden weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen sein.» Die Kosten dafür müssten auch in Zukunft die Gemeinden tragen.
Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Die Mitte) nimmt den Entscheid der Stimmbevölkerung gelassen hin. Der Kanton bemühe sich auch weiterhin, dass vorläufig aufgenommene Personen gut integriert werden. «Ob sie Stipendien erhalten oder Sozialhilfe, spielt letztlich keine Rolle.»