«Miserabel, grottenschlecht» einerseits und «guter Kompromiss» andererseits. Unterschiedlicher könnte die Wortwahl in der Diskussion um die BVG-Reform kaum sein und zeigt, wie kontrovers die Revision der 2. Säule ist.
Für Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider ist es bereits der vierte Arena-Auftritt in diesem Jahr. Sie vertritt in der «Abstimmungs-Arena» zur BVG-Reform die Ja-Parole und somit die Position von Bundesrat und Parlament. «Es ist nicht möglich, eine Zauberreform zu beschliessen», erklärt die Bundesrätin zu Beginn. Ausserdem sei unsicher, wie lange ein neuer Kompromiss auf sich warten liesse.
Diese Reform ist ungeniessbar und muss zurück in die Küche.
Von Kompromiss kann für SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen keinesfalls die Rede sein. Die Bernerin bilanziert diese Reform als «miserabel» und «grottenschlecht». «Diese Reform ist ungeniessbar und muss zurück in die Küche», metaphorisiert Wasserfallen. Insbesondere bedauere sie, dass für die Rentenlücken der Frauen keine Lösung gefunden werden konnte. Die zu grossen Teilen von Frauen verrichtete unbezahlte Arbeit, werde von dieser Vorlage nicht berücksichtigt.
Profitieren die Frauen von dieser Reform?
Ganz anderer Meinung ist GLP-Vizepräsidentin Melanie Mettler: «Diese Reform schliesst viele Rentenlücken und korrigiert eine Ungerechtigkeit». In Zukunft seien Teilzeitarbeitnehmende und Mehrfachangestellte besser versichert. Dadurch würden vor allem Frauen profitieren, die heute vielfach aus der zweiten Säule ausgeschlossen werden.
Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, sorgt sich derweil um die Renten der Menschen. Besonders die Renten derjenigen mit mittleren Einkommen würden sinken. Lampart wirft den Befürworterinnen im Studio vor, mit dieser Reform einen Rentenabbau bei Menschen durchzusetzen, die ihr Leben lang gearbeitet haben. Bundesrätin Baume-Schneider kontert und verweist darauf, dass jedoch Angestellte in der Tieflohnbranche bessergestellt würden.
Diese Reform ist eine Antwort auf die niedrigsten Löhne und Teilzeitpensen.
Zerstrittene Arbeitgeber
Mit Diana Gutjahr, SVP-Nationalrätin, und Urs Pfäffli, Präsident von Gastro Kanton Zürich, ist auch die Arbeitgeberseite in der «Arena» vertreten. Als Vorstandsmitglied des Schweizerischen Gewerbeverbandes befürwortet die Thurgauerin diese Vorlage und führt das Argument der älteren Arbeitnehmenden ins Feld.
Wir übernehmen soziale Verantwortung. Ich bin bereit, mehr zu bezahlen, damit ich meinen Mitarbeitenden zu einer besseren Rente verhelfen kann.
Die Reform verbessere laut der Thurgauerin deren Arbeitsmarktfähigkeit. Für die Arbeitgeber werde es attraktiver, ältere Arbeitnehmende bis zur Pension zu behalten oder neu einzustellen. Jedoch werden die Arbeitgeber zusätzliche Rentenbeiträge für die Mitarbeitenden bezahlen müssen. «Wir übernehmen soziale Verantwortung. Ich bin bereit, mehr zu bezahlen, damit ich meinen Mitarbeitenden zu einer besseren Rente verhelfen kann», so Gutjahr.
Die Situation der jüngeren Menschen gebe Urs Pfäffli Grund zur Sorge. Gerade in der Gastro-Branche gebe es viele jüngere Arbeitnehmende. Diese würden das Geld für Weiterbildungen benötigen, müssten aufgrund der BVG-Reform aber schon in jungen Jahren hohe Beiträge bezahlen.
Die Abstimmung über die Reform der beruflichen Vorsorge beschäftigt auch die SRF-Community. Sandro Brotz hat die Politikerinnen und Politiker in der «Abstimmungs-Arena» mit ihren Fragen und Kommentaren konfrontiert.
Reaktionen auf die Fragen und Kommentare der Community
Am 22. September hat die Schweizer Stimmbevölkerung das letzte Wort an der Urne.