Am 22. September kommt die Reform der beruflichen Vorsorge zur Abstimmung. Die Vorlage ist äusserst komplex. Für viele Erwerbstätige ist unklar, ob und wie sie selbst von der Reform der zweiten Säule betroffen wären. SRF-Wirtschaftsredaktorin Susanne Schmugge versucht Licht ins Dunkel zu bringen.
Wie viele Leute sind von der Reform betroffen?
Wird die Reform angenommen, sind rund 17 Prozent der Versicherten im Erwerbsalter von der Senkung des Umwandlungssatzes – also von tieferen Renten – betroffen. Das ist eine Schätzung. So kommt sie zustande: 12–14 Prozent der Versicherten sind nur im Obligatorium versichert. Weitere etwa 20 Prozent in einem Bereich, der nur wenig über das gesetzliche Minimum hinaus geht. Damit wären 32–34 Prozent der Versicherten von tieferen jährlichen Renten betroffen. Allerdings lässt sich rund die Hälfte der Versicherten bei der Pensionierung das Kapital auszahlen. Somit kommt man auf knapp 17 Prozent.
Warum beruft man sich auf Schätzungen?
Es gibt rund 1400 Pensionskassen in der Schweiz. Bis zu einem Jahreslohn von 88'200 Fr. gelten Garantien, ausserhalb dieses Rahmens sind die Pensionskassen frei. Die meisten haben die Bedingungen bereits so angepasst, dass sie der höheren Lebenserwartung entsprechen. Teils auch für Versicherte, die tiefere Jahreslöhne haben. Solange diese Versicherten bei den Renten nicht schlechter dastehen als gemäss gesetzlichen Vorgaben, geht das.
Wie weiss man, was für einen selbst gilt?
Dafür lohnt der Blick in den Pensionskassenausweis. Dort steht, wie viel Geld man fürs Alter angespart hat und welche jährliche Rente man voraussichtlich erhält (bei gleichbleibendem Lohn und einem angenommenen Zinssatz). Wichtig ist der Umwandlungssatz bei Pensionsalter 65: Wenn dort 6.8 Prozent steht, ist es wahrscheinlich, dass man von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffen ist. Die nachfolgenden Angaben zur Frage, wer wie betroffen ist, sind sehr grobe Kategorisierungen. Im Einzelfall sind Abweichungen möglich.
Wer wird bessergestellt?
Teilzeiterwerbstätige mit kleinen Pensen und Leute mit tiefen Löhnen, weil sie neu mehr ansparen. Wer weniger als 60'000 Franken pro Jahr verdient, kann eher erwarten, dass er oder sie dereinst eine höhere Rente erhält als unter den derzeit geltenden Bedingungen. Gemäss Schätzungen dürften etwa 100'000 Personen neu oder wegen mehrerer Teilzeitstellen besser fürs Alter versichert werden. Allerdings haben jene, die mehr fürs Alter ansparen, jetzt weniger vom Lohn.
Studien mit Modellrechnungen zu den Auswirkungen der BVG-Reform
Wer hat das Nachsehen?
Tendenziell jene, die leicht weniger oder etwas mehr als das gesetzliche Obligatorium verdienen. Konkret: Zwischen 70'000 und 90'000 Franken pro Jahr, sofern man bei einer Pensionskasse ist, die nur das BVG-Minimum versichert. Abermals lohnt der Blick in den Pensionskassenausweis. Wenn dort bei der Projektion der Altersrente mit 65 ein Umwandlungssatz von 6.8 steht, muss man tendenziell mit einer tieferen Altersrente rechnen. Gesetzt den Fall, der Lohn bleibt bis dann gleich, und man wechselt nicht den Arbeitgeber und käme zu einer Pensionskasse mit höheren Leistungen.
Wie werden jene entschädigt, die nach der Reform schlechter dastehen?
Wer über 50 ist und weniger als 440’000 Franken Alterskapital in der Pensionskasse angespart hat, hat gute Chancen auf eine Kompensation. Wie hoch diese ausfällt, hängt vom Lohn und vom Alter ab. Maximal sind es 200 Franken pro Monat. Bei den Jüngeren ist die Erwartung, dass der Faktor Zeit viel wettmacht: Die Altersguthaben in der Pensionskasse sind mit Reform tendenziell höher als heute, durch den Zinseszins-Effekt kann das Guthaben über die Jahrzehnte stark anwachsen.