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BVG-Revision an der Urne Nicht alle Arbeitgeber sind für die Pensionskassen-Reform

Künftig sollen mehr Menschen in der zweiten Säule versichert sein – das bedeutet auch höhere Kosten für die Arbeitgeber. Trotzdem sind die meisten von ihnen für die Revision.

Unternehmen geben nur in den seltensten Fällen gern mehr Geld aus. Doch die bevorstehende Reform der beruflichen Vorsorge sei nun so ein Fall, sagt Barbara Zimmermann vom Schweizerischen Arbeitgeberverband: «Jeder Franken, der in die zweite Säule investiert wird und später eine höhere Rente bringt, ist ein gut investierter Franken.»

Höhere Kosten für Unternehmen

Die Rechnung gehe trotz höherer Kosten auch deshalb für die Arbeitgeber auf, weil diese ihre soziale Verantwortung wahrnehmen wollten. «Sie wollen, dass die Menschen in der zweiten Säule gut versichert sind.»

Besser versichert wären künftig vor allem Personen mit tiefen Löhnen, also auch Teilzeitangestellte, darunter viele Frauen.

Rund 1.5 Milliarden Franken Mehrkosten

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Die Unternehmer müssen bei Annahme der Revision aus zwei Gründen mehr Geld für die zweite Säule ihrer Angestellten aufwenden: Erstens würde die Eintrittsschwelle in die berufliche Vorsorge gesenkt. Dadurch wären rund 70'000 Menschen mit sehr tiefen Löhnen erstmals bei einer Pensionskasse versichert. Und für diese Personen müssten die Arbeitgeber dann künftig Lohnbeiträge zahlen.

Zweitens würde der fixe Koordinationsabzug abgeschafft. Das bedeutet, dass in Zukunft bei allen Angestellten ein grösserer Teil des Lohnes versichert wäre als bisher. Auch das hat zur Folge, dass die Firmen für viele ihrer Mitarbeitenden höhere Lohnbeiträge zahlen müssten. Der Bund schätzt die Mehrkosten für die Arbeitgeber auf insgesamt rund 1.5 Milliarden Franken pro Jahr.

Die Stimmberechtigten sind am 22. September an die Urne gerufen, um sich zu der Vorlage zu äussern. Das Referendum ergriffen hatten die SP und die Gewerkschaften.

Eine ähnliche Haltung wie der Arbeitgeberverband vertreten auch viele andere Wirtschaftsverbände wie etwa Economiesuisse oder der Gewerbeverband.

Bauern und Wirte gegen Revision

Allerdings gibt es auch Ausreisser. So hat beispielsweise der Bauernverband Stimmfreigabe beschlossen. Die Meinungen in der Landwirtschaft seien geteilt, sagt Verbandsdirektor Martin Rufer.

«Die Bäuerinnen begrüssen die Reform – auf der anderen Seite gibt es kritische Stimmen.» Denn die BVG-Reform führe auch auf den Landwirtschaftsbetrieben zu Mehrkosten.

Die hohen Kosten wegen der zusätzlichen Lohnbeiträge haben auch Gastrosuisse abgeschreckt. Der Verband des Gastgewerbes hat die Nein-Parole beschlossen. Die Reform würde das Gastgewerbe im Speziellen überproportional belasten, schreibt der Verband zur Begründung.

Ausserdem müssten ja nicht nur die Arbeitgeber höhere Lohnbeiträge zahlen: Auch den Angestellten würde mehr vom Lohn abgezogen, was die Teilzeitarbeit in einem Gastrobetrieb weniger attraktiv machen würde.

Bessere Absicherung im Alter

Für das Ausscheren von Gastrosuisse hat SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr ein gewisses Verständnis. Denn in der Tat kämen höhere Kosten auf die Unternehmen zu.

Doch: «Es muss auch in unserem Sinne sein, dass unsere Mitarbeitenden gut versichert sind, damit sie im Alter gut und sicher leben können – und nicht auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind», so Gutjahr, die auch Vorstandsmitglied des Gewerbeverbandes ist. Ausserdem dürfe man nicht ausser Acht lassen, dass mit der Reform die berufliche Vorsorge wegen der Senkung des Umwandlungssatzes als Ganzes auf ein stabileres Fundament gestellt würde.

Mehrheitlich stellt sich die Wirtschaft also hinter die BVG-Reform – auch wenn es Kritik gibt, namentlich von Branchen mit vielen Angestellten im Tieflohn- oder Teilzeitbereich.

Echo der Zeit, 29.07.2024, 18:00 Uhr

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