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Gemeindefusionen an der Urne Darum scheitern Gemeindefusionen immer wieder

Die Fusion zwischen Bern und Ostermundigen ist Ende Oktober gescheitert. Zuvor lehnten die Stimmberechtigten rund um die Stadt Freiburg eine Grossfusion ab. Zuletzt scheiterte auch im Baselbiet die Gemeindefusion zwischen Hersberg und Arisdorf. Ist die Schweiz fusionsmüde geworden? Ein Gespräch mit dem Fusions-Experten.

Reto Steiner

Professor für Public Management an der ZHAW

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Reto Steiner ist Professor für Public Management und Leiter des Departements Management und Law der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften.

SRF News: Wie erklären Sie sich, dass die Gemeindefusion zwischen Arisdorf und Hersberg gescheitert ist?

Reto Steiner: Das ist eine grosse Überraschung für mich. Die Schweizer Bevölkerung ist eigentlich sehr fusionsfreudig: Im Schnitt kommen zwei von drei Fusionsprojekten an der Urne durch. Ein Drittel der Schweizer Gemeinden ist in den letzten 20 Jahren verschwunden. Die gescheiterte Fusion im Baselbiet ist also die Ausnahme.

Ein paar Häuser, vor allem Einfamilienhäuser, umgeben von Wiesen und Wäldern.
Legende: Will nicht mit Arisdorf fusionieren: Hersberg im Baselbiet Die Hersberger Stimmbevökerung hat eine Fusion mit dem Nachbardorf Arisdorf knapp abgelehnt – nur sechs Stimmen haben den Ausschlag gegeben. zvg/Kanton Baselland

Aber auch andere Fusionen sind gescheitert, wie jene in Bern oder in Freiburg. Warum?

Grosse Fusionsprojekte haben es schwer, weile viele Leute involviert sind und sich die Leute nicht kennen. Ich denke deshalb auch nicht, dass das Fusionsprojekt von diesem Wochenende in Appenzell Ausserrhoden durchkommt. Die Gemeindegrössen würden durchaus Sinn machen, aber es sind sehr unterschiedliche Regionen mit unterschiedlichen Ansprüchen.

Grosse Gemeindefusionsprojekte:

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  • Appenzell-Ausserrhoden:
    Von 20 Bezirken soll es noch 3-5 Gemeinden geben, je nach Vorschlag. Am 26. November stimmt die Ausserrhoder Stimmbevölkerung darüber ab.
  • Bern/Ostermundigen:
    Eine Fusion zwischen der Vorortsgemeinde mit der Bundesstadt scheiterte an der Urne 2023 in Ostermundigen.
  • «Grossfreiburg»:
    Die Stadt Fribourg wollte sich mit mehreren Gemeinden zu einer grossen Zentrumsstadt zusammenschliessen. Sechs von neun Gemeinden lehnten die Grossfusion 2021 ab.
  • Glarus:
    Die Landsgemeinde beschloss 2006, die Zahl der Gemeinden im Kanton Glarus radikal zu verkleinern. Seither gibt es noch drei Gemeinden: Glarus, Glarus Süd und Glarus Nord.

Was braucht es, damit eine Fusion klappt?

Eine Fusion ist auch immer eine Herzensangelegenheit. Neben den rationalen Argumenten – hat man finanzielle Probleme, findet man noch genügend Leute – gibt es auch emotionale Argumente.

Es ist wie bei der Liebe: Eine Fusion muss auch im Herzen stimmen.

Da hängt es stark davon ab, wie gut sich die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden kennt. Wenn man sich zum Beispiel noch aus der gemeinsamen Schulzeit kennt oder sich regelmässig im Restaurant trifft, steigen die Chancen einer Fusion. Dann ist ein Grundvertrauen da.

Warum werden Fusionen überhaupt durchgeführt?

Die meisten Fusionen werden durchgeführt, weil man nicht mehr genügend Leute findet für politische Ämter und sehr viele Aufgaben mit den Nachbargemeinden zusammen lösen muss – wenn man Schulen oder die Feuerwehr zusammenlegen muss zum Beispiel. Dadurch hat eine Gemeinde nur noch eine Scheinautonomie. Das trifft auch auf Hersberg zu. Trotzdem hat die Fusion dort nicht geklappt.

Vogelansicht der Gemeinde Riggisberg. Eine Ansammlung von Häusern mit roten Dächern, eingebettet in grüne Hügel.
Legende: Die Gemeinde Riggisberg im Kanton Bern Hier hat die Fusion geklappt: Die Gemeindeversammlungen von Riggisberg und Rümligen gaben der Fusion im August 2020 grünes Licht. Seit 2021 zählt die fusionierte Gemeinde Riggisberg knapp 3000 Einwohnerinnen und Einwohner. Keystone/Anthony Anex

Können Gemeinden Geld sparen mit einer Fusion?

Gemeinden stehen finanziell nach einer Fusion nicht unbedingt besser da. Es ist sehr durchmischt: Etwa einem Drittel der Gemeinden geht es nach einer Fusion finanziell besser, einem Drittel gleich und einem Drittel schlechter. Oft kann eine Gemeinde aber bessere Leistungen anbieten, da sich diese angleichen. Das klassische Beispiel ist die familienergänzende Kinderbetreuung: Gibt es in einer Gemeinde Kindertagesstätten, will diese auch die Bevölkerung aus der anderen Gemeinde. Das kostet die Gemeinde aber zusätzlich, ohne dass sie die Steuern anheben kann.

Das Gespräch führten Monika Glauser und Sedrik Eichkorn.

Regionaljournal Basel, 20.11.2023, 17:30 Uhr ; 

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