Immer mehr Menschen arbeiten für Bund, Kantone und Gemeinden. Der Staat ist der grösste Arbeitgeber im Land. Das sorgt vor allem auf bürgerlicher Seite immer wieder für Kritik. Doch: Wie gross ist eine «gute» Verwaltung? Diese Frage soll das Stimmvolk im Kanton Solothurn nun klären.
Die Verwaltung des Kantons Solothurn ist in den letzten Jahren nämlich stärker gewachsen als die Bevölkerung: Knapp 600 Vollzeitstellen sind zwischen 2012 und 2022 dazugekommen. Eine Volksinitiative fordert, dass die Grösse der Kantonsverwaltung nach oben begrenzt wird. Maximal eine Vollzeitstelle pro 85 Einwohnerinnen und Einwohner – das wäre der Stand vor der Pandemie.
Im schweizweiten Vergleich gilt die Solothurner Verwaltung allerdings als «schlank». Wobei ein seriöser Vergleich schwierig ist. Zu unterschiedlich sind die Kantone strukturiert, zu unterschiedlich sind die Aufgaben zwischen Kanton und Gemeinden verteilt.
Basel-Stadt hat die grösste Verwaltung
«Je weiter im Westen, desto wichtiger die Rolle des Kantons. Dieser wird in der Westschweiz als Etat, als Staat betrachtet», sagt Politologin Sarah Bütikofer von der Universität Zürich. «In der Deutschschweiz haben die Gemeinden mehr Kompetenzen und Zuständigkeiten.»
Zählt man Mitarbeitende von Kanton und Gemeinden aber zusammen, so ist die Zahl der Staatsangestellten in den Kantonen Basel-Stadt und Genf am höchsten, in Appenzell-Innerrhoden und Thurgau am tiefsten, zeigt eine Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik der Universität Luzern. Der Kanton Solothurn liegt zusammen mit Aargau und Schwyz im unteren Drittel.
Vor allem städtische Kantone haben also einen grösseren Verwaltungsapparat. Das sei gut zu erklären, sagt die Politologin. «Die grossen Kantone stellen in der Regel nicht nur Leistungen für die eigene Bevölkerung zur Verfügung, sondern auch für die umliegenden Kantone oder das ganze Land.»
Damit meint Sarah Bütikofer die sogenannten «Zentrumslasten» wie zum Beispiel Universitätsspitäler oder grosse Kulturinstitutionen. Konkret: Orte wie ein Hallenstadion in Zürich benötigen Tram- und Buslinien, Parkhäuser und Polizeibeamte, also öffentliche Infrastruktur inklusiv Personal.
Keine einfachen Erklärungen für Wachstum
Etwas schwieriger ist die Frage, warum die Verwaltung unterschiedlich stark wächst. Während in den Kantonen Luzern oder Aargau die Zahl der Verwaltungsangestellten in den letzten Jahren weniger angestiegen ist als die Bevölkerungszahlen, haben unter anderem in den Kantonen Solothurn, Bern oder Nidwalden die Personalbestände stärker zugenommen als die Bevölkerung.
Studien zur Staatsverwaltung
«Im europäischen Vergleich wächst die allgemeine Verwaltung in der Schweiz überdurchschnittlich stark», hält die Studie der Uni Luzern fest. Autor und Volkswirtschafter Marco Portmann sagt, das habe mit der stabilen wirtschaftlichen Situation der letzten Jahrzehnte zu tun. «Die Staatseinnahmen sind gestiegen, da wird die Politik wohl etwas nachlässig und denkt, man könne sich auch einen grösseren Staat leisten.»
Im Kanton Solothurn kann das Volk nun also entscheiden, wie gross die Verwaltung sein soll. Gut so, findet Politologin Sarah Bütikofer. Das Volk habe ja auch Erwartungen an den Staat. «Die Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz sind relativ anspruchsvoll. Man erwartet, dass Formulare schnell verarbeitet werden und dass es keine toten Telefonleitungen gibt wie in anderen Ländern.»