SRF News: Am 28. Februar stimmen wir ab. Landauf, landab hängen Plakate. Aber haben diese überhaupt Auswirkungen auf das Abstimmungsresultat?
Marc Bühlmann: Was wir wissen, ist, dass in den vier bis sechs Wochen vor einer Abstimmung die Kampagnen am breitesten gefahren werden. Jetzt mit Plakaten zu kommen, ist sicher eine gute Idee. Wenn wir die Leute nach Abstimmungen fragen, welche Medien sie denn überhaupt angeschaut haben, um sich eine Meinung zu bilden, sind die Strassenplakate allerdings eher unter ferner liefen. In der Regel stützen sich die Leute auf Zeitungsartikel, Fernsehsendungen und insbesondere auch auf das Bundesbüchlein. Rund drei Viertel der Befragten sagen, dass sie sich diese drei Medien anschauen. Bei den Strassenplakaten sagen ungefähr 40 Prozent, dass sie sie zur Meinungsbildung nutzen.
Die Plakatkampagne ist ein gängiges Mittel von Gegnern und Befürwortern. Wie viel können sie mit ihren vereinfachten Aussagen zur Meinungsbildung beitragen?
Bei Plakaten ist es wichtig, dass diese ganz kurze Botschaft mit einem oder vielleicht zwei Argumenten für oder gegen einen Abstimmungsgegenstand. Was die Plakate in der Regel bewirken, ist, dass die Menschen aufmerksam werden, so dass sie sich die Zeitung anschauen und sich mehr informieren. Insofern sind Plakate gute Transporteure von einzelnen Argumenten.
Plakatkampagnen kosten Geld. Weiss man aus der Forschung, wie gross der Einfluss der finanziellen Mittel in einem Abstimmungskampf ist? Kann man sagen, wer mehr Geld ausgibt, gewinnt am Ende?
Das kann man sicher nicht so sagen. Geld ist zwar nicht unbedeutend. Es ist wichtig, um seine Argumente breiter zu streuen und Anhänger mobilisieren zu können. Insofern schadet Geld einer Kampagne sicher nicht. Aber was man nicht sagen kann, ist, dass wer mehr Geld ausgibt, dann auch eher gewinnt. Da gibt es ganz viele Gegenbeispiele.
Die kurze Formel «Geld gewinnt Abstimmung» gilt nicht. Wir wissen aus der Forschung, dass das relativ schwierig zu messen ist. Denn wir wissen eigentlich gar nicht, wer wie viel Geld ausgibt. Das ist eines der bestgehüteten Geheimnisse der Schweiz. Eines können wir aber mindestens anhand von Indizien erahnen. Nämlich dass bei Abstimmungen, bei denen es um etwas technisch Schwieriges geht, das man nicht sofort versteht, Geld durchaus eine Rolle spielen kann. Wer dort mehr Geld ausgibt, schafft es damit vielleicht eher, unentschlossene Bürger von einzelnen Argumenten zu überzeugen. Aber bei ganz wichtigen Vorlagen, für die sehr viele Stimmbürger mobilisiert werden können, spielt Geld eher keine Rolle.
Geld kann auch der gegnerischen Seite etwas nützen.
Das heisst, das oft gehörte Argument der Verlierer, die andere Seite habe einfach mehr Geld ausgegeben, zieht nicht?
Geld schadet wie gesagt nicht. Aber es kann auch der gegnerischen Seite etwas nützen. Wenn jemand ganz viel Geld ausgibt für Plakate, weckt das natürlich auch die Gegnerschaft – nicht nur, indem sie daraufhin eine Gegenkampagne startet, sondern weil das auch durchaus die Medienaufmerksamkeit weckt. Und die Medien in der Schweiz versuchen dann, auch der Gegenseite das Wort zu erteilen.
Ist Demokratie letztlich käuflich?
Nein, sicher nicht. Schliesslich geht es darum, dass man möglichst viele Argumente in einen Prozess einfliessen lässt, damit die Bürger auch ganz viele Argumente hören können. Die direkte Demokratie in der Schweiz zwingt sowohl Gegner als auch Befürworter einer Vorlage immer wieder dazu, hinzustehen und wichtige Argumente zu vertreten. Davon lebt die Demokratie. Und wenn Geld letztlich dazu führt, diese Lebendigkeit noch zu stärken, so ist das sicher nicht schädlich.
Das Gespräch führte Barbara Peter.