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Affäre Maudet Die dunkle Seite von Maudets Siegen

Pierre Maudet finanzierte seine Wahlkämpfe aus einer Kasse, die vor Steuerbehörden und Wahlaufsicht verheimlicht wurde.

Pierre Maudet ist ein Kämpfer. Ein Wahlkämpfer. 2012, ‘13, ’17 und 2018 führte er aufwändige Wahlkämpfe. Wo andere Politiker bestenfalls Bratwürste grillieren, richtet Pierre Maudet mit grosser Kelle an. 2012 liess er für eine einzige Wahlparty 37'000 Franken springen, das zeigen Recherchen.

Wobei: die Rechnung zahlte nicht Maudet, sondern seine Freunde. Mit zwei Vertrauten gründete Pierre Maudet im Frühjahr 2012 einen «Unterstützerverein für Pierre Maudet», dessen Sekretär er war. In weniger als einem halben Jahr sammelte der Verein über 200'000 Franken für Maudet. Fünf Jahre lang organisierte der Verein erfolgreich Geld für Maudet.

Drohender Loyalitätskonflikt

Der Vorgang erstaunt den Experten für Parteienfinanzierung, Hilmar Gernet: «Das ist sehr ungewöhnlich und das sollte man sich wirklich sehr genau anschauen», sagt der frühere Generalsekretär der CVP Schweiz.

Gerade weil die politischen Parteien in der Schweiz über wenig Geld verfügten, könne ein Verein, der einen Politiker dauerhaft finanziere, diesen in einen Loyalitätskonflikt stürzen: «Es ist naheliegend, dass Politiker vielleicht eine gewisse Verpflichtung spüren, ein Unternehmen, das mal einen Beitrag bezahlt hat, in einer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.»

Steuervermeidung

Gemäss Recherchen von SRF hat der Unterstützerverein nie Steuern bezahlt. Dabei sind politische Vereine nicht automatisch steuerbefreit und ein Verein wie der von Pierre Maudet hat nach Ansicht mehrerer Experten keine Chance darauf, als gemeinnützig anerkannt zu werden.

Und daraus folgt: «Der Verein hätte grundsätzlich Steuern zahlen müssen», wie der Basler Experte für Vereinsrecht, Christoph Degen erklärt. Er geht davon aus, dass Strafsteuern fällig werden.

Der Verein steht ausserdem in Konflikt mit den Genfer Vorschriften für die Transparenz in der Politik. Vereine, die sich in politischen Wahlkämpfen engagieren, müssen in Genf gegenüber der Wahlaufsicht ihre Buchhaltung offenlegen und Spender benennen. Der Verein für Pierre Maudet tat das nicht.

Mehr noch: 2012 bezeugte sein Präsident, Salvatore Vitanza, gegenüber den Behörden ausdrücklich, die Kampagne von Pierre Maudet sei «ausschliesslich durch die FDP finanziert» worden. Dabei hatte der von ihm präsidierte Verein 170'000 Franken für einen zweimonatigen Wahlkampf Maudets ausgegeben. Salvatore Vitanza hüllt sich in Schweigen. Der Anwalt von Pierre Maudet erklärt, dass das Gesetz über die politischen Rechte die Vereine nicht dazu verpflichte, sich bei den Behörden zu melden.

Neue Ermittlungen

Vergangene Woche hat die Genfer Staatsanwaltschaft das Kantonsparlament um eine weitere Aufhebung der Immunität von Pierre Maudet ersucht. Dabei geht es um eine geschenkte Geburtstagsparty für Maudet und um Zahlungen an seinen Unterstützerverein. Der Vorwurf ist erneut die Vorteilsannahme, also ein Korruptionsdelikt.

Weiterhin gilt dabei die Unschuldsvermutung für Maudet. Seine Hoffnung, dass das Verfahren rasch eingestellt wird, hat sich allerdings nicht erfüllt. Vielmehr lastet die Affäre nun schon acht Monate auf der Genfer Politik. Die kantonale FDP trifft sich deshalb heute Abend zur Aussprache an einer ausserordentlichen Generalversammlung.

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