Der ZSC ist Schweizer Meister im Eishockey geworden. Die Spielsaison ist nun zu Ende. Was auffällt: Fangewalt war im Eishockey auch in dieser Saison kein Thema. Ganz im Gegensatz zum Fussball. Was den Unterschied ausmacht, erklärt Tim Willmann. Er arbeitet für die Forschungsstelle Gewalt bei Sportveranstaltungen an der Uni Bern.
SRF News: Gibt es im Eishockey wirklich weniger Probleme mit gewaltbereiten Fans?
Tim Willmann: Die Daten zeigen, dass im Umfeld von Eishockeyspielen tatsächlich weniger passiert als im Fussball. Zwischenfälle gibt es aber auch im Eishockey, wie im Fussball sind dort mehrheitlich die Gästefans involviert.
Bei der Strafverfolgung ist es praktisch, wenn eine Fankurve nicht aus 4000 Leuten besteht, sondern vielleicht nur aus 500.
Was sind die Gründe dafür, dass es im Eishockey zu weniger Zwischenfällen kommt?
Über die Gründe kann man nur spekulieren. Aber es gibt durchaus einige Anhaltspunkte. Sicherlich muss erwähnt werden, dass im Eishockey deutlich weniger Personen an den Spielen anwesend sind als im Fussball. Die Masse an potenziellen Tatpersonen wird dadurch deutlich kleiner und bei der Strafverfolgung ist es praktisch, wenn eine Fankurve nicht aus 4000 Leuten besteht, sondern vielleicht nur aus 500. Ausserdem ist im Eishockey die Pyrotechnik deutlich weniger verbreitet als im Fussball. Es gibt zwar auch Pyrotechnikdelikte im Eishockey. Primär ereignen sich diese aber auf der An- und Abreise der Fans und nicht im Stadion selbst, was unter anderem auch aufgrund des Stadionbaus so ist, weil ja im Eishockeystadion der Rauch der Pyros nicht gut abziehen kann.
Verantwortliche der Eishockey-Liga betonen die Nulltoleranz in den Stadien. Wenn jemand ein Pyro zünden würde, würde man sofort eingreifen und ein Stadionverbot aussprechen. Ist es diese Strategie, die im Eishockey wirkt?
Die Bemühungen der Eishockeyliga, der Klubs und auch der Behörden nützen sicherlich etwas. Aber man muss klar sehen, dass die Situation rund um die Eishockeyspiele einfacher ist, gerade während des Spiels, weil eben deutlich weniger Personen in den Sektoren anwesend sind.
Ist es daher auch einfacher, den Dialog mit den Fans aufrechtzuerhalten?
Ja, aus Sicht der Wissenschaft sind Dialogelemente, diese präventive Arbeit von Klubs, aber auch von unabhängigen Stellen wie der Fanarbeit, wichtig. Sie haben eine relativ hohe Wirksamkeit und gerade wenn eine Fankurve nicht aus 5000 Leuten besteht, sondern lediglich aus 500. Dann ist der Kontakt zu den jeweiligen Anhängerinnen und Anhängern viel einfacher.
Man hat im Eishockey keine Extrazüge, die man vom Bahnhof zum Stadion begleiten muss.
Hilft der Umstand, dass beim Eishockey weniger Fans anwesend sind, auch bei der Sicherheit ausserhalb des Stadions?
Ja, im Fussball kann es sein, dass man am Samstagabend halt 2500 Fans des FC Zürichs hat, die nach Luzern reisen. Im Eishockey ist das anders, schon allein wegen der Anspielzeiten. Da ist es deutlich weniger attraktiv, an einem Dienstagabend von Davos nach Genf zu reisen. Und man hat in der Regel keine Extrazüge, die man vom Bahnhof zum Stadion begleiten muss. Wenn sie organisiert anreisen, dann fahren sie mit einem Fancar direkt vor das Stadion. Die ganze Personenlenkung ist im Eishockey deutlich einfacher aufgrund der anderen herrschenden Verhältnisse.
Das Gespräch führte Yves Kilchör.