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Ammoniak in der Landwirtschaft Pilotprojekt: Kuh-WC soll klimaschädliche Gase reduzieren

Urin und Kot bei Kühen trennen: Das will das erste Kuh-WC der Schweiz. Und damit etwas für die Umwelt tun.

«Zuerst habe ich an einen 1. April-Scherz gedacht.» Bauer Franz Röösli aus Hellbühl im Kanton Luzern erinnert sich noch gut an den Moment, als er das erste Mal von einer Toilette für Kühe gehört hatte. Die anfängliche Skepsis ist Begeisterung gewichen: Der Betrieb der Familie Röösli ist der erste Hof der Schweiz, der ein spezielles WC für Kühe betreibt. «Unterdessen bin ich überzeugt: Mit dieser Kuhtoilette machen wir etwas Sinnvolles und sind der Entwicklung einen Schritt voraus», sagt Röösli.

Kühe mit Futter aufs WC locken

Konkret ist die Kuhtoilette eine Gitter-Box, welche die Kühe für ihr Geschäft betreten müssen. Angelockt werden sie mit einer Portion Lockfutter. Auf dem Hof der Familie Röösli sind das Maiswürfel. Nach dem Fressen wird die Kuh von einer Maschine zwischen Euter und Schwanz stimuliert, sodass ein Harndrang entsteht. Der Urin wird in einer Art Hafen aufgefangen und separat gesammelt (vergleichbar mit einem Hafen für Kleinkinder, einfach grösser).

Eine Kuh uriniert in einen blauen Hafen.
Legende: In diesem Hafen wird der Urin gesammelt. Er kann später zum Düngen von Pflanzen eingesetzt werden. Foto: Monique Wittwer

So trennt das System für Kühe den Kot und den Harn unmittelbar nach der Ausscheidung. Ziel dieses speziellen Experimentes ist eine deutliche Reduktion des klimaschädlichen Stoffs Ammoniaks.  Markus Bucheli, Fachexperte Ammoniak beim Kanton Luzern erklärt: «Ammoniak im Stall entsteht hauptsächlich auf der feuchten Lauffläche. Vermischt sich der Harnstoff, der im Urin enthalten ist, mit Kot, entsteht Ammoniak.» Dieser gehe als Gas in die Luft und komme als saurer Regen wieder auf die Weideflächen zurück.

Sammeln wir den Urin separat, kann er als Düngemittel für Pflanzen eingesetzt werden.
Autor: Franz Röösli Landwirt aus Hellbühl LU

Könne man diesen Prozess verhindern, sei das gut für die Böden. Und für Bauer Franz Röösli hat die Kuhtoilette noch weitere Vorteile für den Betrieb: «Im Urin befindet sich mineralisch gelöster Stickstoff. Sammeln wir diesen separat, kann er als Düngemittel für Pflanzen eingesetzt werden.» Und generell sei der Stall sauberer und auch das Futter werde weniger verschmutzt.

60'000 Franken für zwei Kuh-Toiletten

Den Einbau des Kuh-WCs hat die Familie beim Bau des neuen Laufstalles umgesetzt. Da es sich um einen Pilotversuch in der Schweiz handelt, wird der Einbau der Kuhtoilette unterstützt vom Ressourcenprojekt Ammoniak des Kantons. Konkret kostet eine Kuh-Toilette rund 30'000 Franken und reicht für 25 Kühe. Familie Rööslis Hof hat 50 Milchkühe und entsprechend haben sie zwei solche Toiletten für insgesamt 60'000 Franken eingebaut.

Konkret am Projekt beteiligt sind die Zentralschweizer Kantone, der Bund, die Wissenschaft und der Luzerner Bauernverband. Dass der Pilotversuch in Luzern stattfindet, ist kein Zufall: Der Kanton hat eine hohe Tierdichte und gibt seit Jahren Massnahmen zur Verringerung von Ammoniak und Geruchsemissionen vor.

Geruch und Ammoniak reduzieren

Box aufklappen Box zuklappen

Die Kuhtoilette wird in der Schweiz aufgrund der Initiative des Ressourcenprojekts Ammoniak und Geruch Zentralschweiz ausprobiert. Ziel des Projektes ist es, den Bauern Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Ammoniak auf Landwirtschaftsbetrieben reduzieren können. Dazu gibt es bereits auch Musterställe für Rinder und für Schweine.

Schweizweit bekannt ist das Geruchprojekt in der Gemeinde Hohenrain. Dort streiten seit Jahren Anwohner und Bauern wegen des Gestanks aus dem Schweinstall. Deshalb werden sogenannte «Schnüffler» eingesetzt: Freiwillige, die an diversen Orten und bei verschiedenen Wetterlagen erschnüffeln müssen, wie stark die Emissionen aus dem Stall zu riechen sind. Die Bauern sollen so überzeugt werden, zusätzliche Massnahmen zur Geruchsverminderung zu unternehmen.

Seit einem Monat gehen die Kühe bei Rööslis auf die Toilette. «Die Kühe haben sich schnell daran gewöhnt und haben sogar Freude», meint Janis Röösli, der Sohn von Franz und Andrea Röösli, der ebenfalls auf dem Betrieb arbeitet. Mittlerweile gingen über 70 Prozent ihrer Kühe auf die Toilette.

Daten per App sichern

Auf dem Pilotbetrieb werden auch Daten und Erfahrungen gesammelt für andere Höfe. Gemäss Janis Röösli hat jede Kuh eine digitale Erkennungsmarke. In einer App sieht Janis Röösli, welche Kuh auf die Toilette geht und welche nicht.

Zwei Männer stehen im Stall.
Legende: Vater und Sohn vor der Kuhtoilette: Franz und Janis Röösli sind zufrieden mit dem Start des Projekts. SRF/David Kunz

Die Rööslis gehen von deutlichen Verbesserungen für die Zukunft aus. Ihr Mindestziel sind 15 Prozent weniger Ammoniak. Bei einem ähnlichen Betrieb in den Niederlanden konnte der Ammoniak-Ausstoss sogar um 40 Prozent gesenkt werden.

Regionaljournal Zentralschweiz, 18.6.2025, 17:30 Uhr ; 

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