- Fast alle Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben in den letzten zwei Jahren Anfeindungen im Zusammenhang mit ihrem politischen Mandat erlebt.
- Am stärksten betroffen waren Mitglieder der SVP und der Grünen.
- Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage der Universität Zürich (UZH) im Auftrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.
Laut der UZH haben rund 3500 Parlamentsmitglieder auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene an der Umfrage teilgenommen. Unter den befragten Mitgliedern von National- und Ständerat gaben 98 Prozent an, Opfer von persönlichen Herabsetzungen, Hassrede, Drohungen, Diffamierung, Stalking, Vandalismus oder Gewalt geworden zu sein. Unter den Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern waren es drei Viertel (75 Prozent) und auf kommunaler Ebene knapp die Hälfte (45 Prozent).
Auf Bundesebene stammen Anfeindungen gegen Parlamentsmitglieder meist von unbekannten Dritten, die Onlinekanäle nutzen. «Überraschend häufig werden Anfeindungen auch per Briefpost empfangen – insbesondere von national tätigen Befragten», heisst es ausserdem in der Studie, die die UZH zur Umfrage veröffentlichte.
Auf kantonaler und kommunaler Ebene erfolgen sie hingegen überdurchschnittlich oft im persönlichen Kontakt. In Gemeindeparlamenten werden Mitglieder anderer Parteien sogar als häufigste Urheberinnen und Urheber solcher Anfeindungen genannt.
Am wenigsten Anfeindungen gegen Parteilose
Mitglieder der Polparteien werden häufiger angefeindet als Mitglieder von Zentrumsparteien. So berichteten 70 Prozent der befragten SVP-Mitglieder und 68 Prozent der befragten Grünen-Mitglieder von Anfeindungen.
Bei Mitgliedern der Mitte und der FDP beträgt dieser Anteil 45 Prozent. Die SP mit 60 Prozent und die GLP mit 57 Prozent liegen dazwischen.
Mit Abstand am wenigsten von Anfeindungen betroffen sind Parteilose. Nur rund ein Viertel (24 Prozent) der Parlamentsmitglieder, die sich keiner etablierten politischen Haltung zuordnen lassen, berichteten von entsprechenden Erfahrungen.
Auch die Art der Anfeindungen unterschied sich gemäss der Studie. So waren Personen, die politisch rechts positioniert sind, überdurchschnittlich häufig von Drohungen, Gewalt oder Vandalismus betroffen. Links verortete Personen, Frauen und Angehörige von Minderheiten waren hingegen besonders häufig Ziel von Hassrede.
Frauen auf kommunaler Ebene besonders betroffen
Auf Gemeindeebene waren zudem Frauen, politisch links positionierte Personen sowie Angehörige von religiösen, ethnischen oder sexuellen Minderheiten überdurchschnittlich häufig betroffen. So berichteten in kommunalen Parlamenten 49 Prozent der Frauen, aber nur 42 Prozent der Männer von Anfeindungen.
«Anfeindungen sind mehr als nur ein berufliches Ärgernis – sie können psychische und politische Folgen für die Betroffenen haben», betonen die Forschenden der UZH in der Studie. Allerdings wirken sich demnach solche Vorfälle nicht auf alle gleich aus und werden auch nicht von allen nur als negativ wahrgenommen.
Fälle von Diffamierung führen dabei mit Abstand zu den stärksten Stress- und Belastungswerten. Auch identitätsbezogene Angriffe wie Hassrede und persönliche Herabsetzungen lösen überdurchschnittlich starke Belastungsempfindungen aus.