Immer mehr Menschen arbeiten in der Schweiz von zu Hause aus. Vor allem während der Coronapandemie hat die ausserbetriebliche Arbeit zugenommen. Deshalb soll Homeoffice erleichtert werden. Der Nationalrat hat sich heute für ein flexibleres Arbeitsgesetz ausgesprochen und die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 119 zu 63 Stimmen bei 5 Enthaltungen gutgeheissen.
Die Vorlage geht auf eine parlamentarische Initiative von Thierry Burkart (FDP/AG) im Jahr 2016 zurück, der beide Kommissionen Folge gaben. Nach der Coronapandemie präsentierte die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) einen Umsetzungsvorschlag, den der Bundesrat grundsätzlich befürwortet. Punktuelle Anpassungen des Obligationenrechts (OR) sind ebenfalls geplant.
«Mehr Flexibilität, weniger Vorgaben»
Die Covid-Pandemie habe den Wunsch nach Homeoffice stark verändert, sagte Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS). Homeoffice sei heute Teil der modernen Arbeitswelt geworden. Mit diesen Entwicklungen solle das Arbeitsrecht Schritt halten. Wer das nicht wolle, hinke der Realität hinterher. Gleicher Meinung waren mehrheitlich auch SVP, Mitte, FDP und GLP.
Die bürgerliche Mehrheit verspricht sich von der Möglichkeit einer individuelleren Arbeitszeitgestaltung im Gesetz Vorteile für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie für Betreuungsaufgaben. Arbeitnehmende könnten so ihre Arbeitszeiten individueller gestalten. Im Arbeitsalltag gebe es heute viele Konflikte mit dem Arbeitsgesetz, sagte Marcel Dobler (FDP/SG). Der Gesetzgeber, also das Parlament, müsse deshalb Klarheit schaffen.
«Wir brauchen im heutigen Umfeld mehr Flexibilität und weniger starre Strukturen und Vorgaben, das bremst die Wirtschaft», hielt Thomas Burgherr (SVP/AG) fest. Viele der vorgeschlagenen Änderungen würden seit Längerem in der Praxis gelebt. Laut Jürg Grossen (GLP/BE) ist es an der Zeit, die gesetzlichen Grundlagen an die gelebte Realität anzupassen.
Auch der Bundesrat hatte sich für die Vorlage ausgesprochen. Die vorgeschlagenen Änderungen im Arbeitsgesetz seien richtig, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werde verbessert, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Kritik von Links-Grün
Anders sahen dies die Linken. Sie befürchten schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Gesundheitsschutz. SP-Nationalrat David Roth argumentierte, die Vorlage sei ein Frontalangriff auf die Arbeitsbedingungen von Millionen Beschäftigten.
Auch die Grünen kritisierten die neuen Regelungen. Es gebe schon heute immer mehr Möglichkeiten für Arbeitnehmende, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten, sagte Franziska Ryser (Grüne/SG). «Dazu braucht es diese Gesetzesänderungen nicht.»
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) kritisierte den Entscheid des Nationalrats in einer Mitteilung scharf. «Die Sonntage und der Feierabend von mehr als zwei Millionen Arbeitnehmenden sind bedroht.»
Als Nächstes ist der Ständerat am Zug. Die Gegnerinnen und Gegner haben bereits angekündigt, mit allen Mitteln gegen die Vorlage vorzugehen, sollte diese auch im Ständerat eine Mehrheit finden.