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Dauernde Verfügbarkeit Das Recht auf den eingeschalteten Flugmodus

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen das Handy ausschalten dürfen. Der Bundesrat empfiehlt, das Recht auf Nichterreichbarkeit ins Gesetz zu schreiben.

Das ist das Problem: Die Chefin will noch einen Auftrag diskutieren. Der Disponent braucht einen Ersatz für die erkrankte Kollegin. Der Arbeitskollege hat ein Computerproblem – und sucht schnelle Hilfe bei der Arbeitskollegin. Die hat aber frei und geht aus Pflichtbewusstsein trotzdem ans Telefon. Wegen des Smartphones sind wir dauernd verbunden. Mit der Familie, mit Freunden – und auch mit dem Arbeitsplatz. Per Whatsapp, Teams, telefonisch oder per E-Mail. Darum klagen Angestellte immer mehr über Stress. Die Erholungszeit wird kürzer und dauernd unterbrochen. Gemäss einer Umfrage des Gewerkschafts­dachverbandes Travailsuisse arbeiten 60 Prozent der Angestellten immer wieder mal in ihrer Freizeit. Helfen würde hier, beim Smartphone den Flugmodus einzuschalten. Keine E-Mails, keine Messages und keine Anrufe aus dem Betrieb. Entspannung pur.

Das will der Bundesrat: Aufgrund der heutigen Kommunikationsmittel bestehe eine erhöhte Gefahr, dass Arbeitszeit und Freizeit vermengt würden, schreibt der Bundesrat in einer Stellungnahme an die Wirtschaftskommission des Nationalrates. So begrüsse der Bundesrat, dass das Parlament beabsichtige, das Recht auf Nichterreichbarkeit explizit festzuhalten, «auch wenn dieses Recht implizit schon heute gilt.» Im Obligationenrecht möchte der Bundesrat Folgendes festhalten: «Der Arbeitnehmer hat das Recht, während der Freizeit, der Ferien oder eines Urlaubs nicht erreichbar zu sein.» Dieses Recht solle für alle Arbeitnehmenden gelten.

Person mit Smartphone und Laptop am Tisch.
Legende: Dauernd vernetzt sein, dauernd erreichbar sein. Viele Menschen stresst dies und sie wünschen sich ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Keystone / CHRISTIAN BEUTLER

Das will das Parlament: Die Wirtschaftskommission des Nationalrates ist zurzeit daran, das Arbeiten von zu Hause aus – das Homeoffice, die «Telearbeit» – flexibler zu gestalten. So soll die maximale Zeitspanne, innert welcher die tägliche Arbeit geleistet werden kann, von 14 auf 17 Stunden erhöht werden. Die minimale Ruhezeit – meist über die Nacht – soll von mindestens elf Stunden auf neun Stunden reduziert werden. Als Ausgleich für diese Flexibilisierung will die Kommission das Recht auf Nichterreichbarkeit gesetzlich festhalten.

Gewerkschaften begrüssen die Nichterreichbarkeit: Die grüne Nationalrätin und Präsidentin der Gewerkschaft Transfair, Greta Gysin, fordert seit längerem eine gesetzliche Regelung des Rechts auf Nichterreichbarkeit. Sie begrüsst darum, dass der Bundesrat eine explizite Regelung empfehle und diese auf alle Arbeitnehmenden ausdehnen wolle. Sie kritisiert hingegen, dass die Zeitspanne der Telearbeit auf 17 Stunden erhöht werden soll.

Arbeitgeber warnen vor Schattenplanungen: Die Arbeitgeber finden eine explizite Regelung im Arbeitsgesetz unnötig und im Obligationenrecht falsch. Bereits heute gelte ein Schutz vor Anrufen während der täglichen Ruhezeit, erklärt Daniella Lützelschwab vom Schweizerischen Arbeitgeberverband. Sie stört sich am Vorschlag des Bundesrates, im Obligationenrecht das Recht auf Nichterreichbarkeit auf die gesamte Freizeit der Arbeitnehmenden auszudehnen. Arbeitgeber könnten so ihre Angestellten nicht mehr kontaktieren, sobald sie das Büro verlassen hätten. Zum Beispiel, wenn sie kurzfristig einen Ersatz für erkrankte Mitarbeitende suchten. «Als Folge müssten Firmen etwa Schattenplanungen mit teuren Pikettdiensten einführen,» kritisiert Lützelschwab.

SRF 4 News, 21.5.2025, 15 Uhr; sten

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