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Ansteckendere Delta-Variante Sind unsere Impfstoffe noch wirksam, Herr Berger?

Die Delta-Variante vermindere die Effektivität der Impfung, heisst es aus Israel. Impfkommissionspräsident Christoph Berger nimmt Stellung.

Die Zahl der Corona-Fälle steigt wieder an, auch in Ländern mit hoher Durchimpfungsrate wie Grossbritannien und Israel. In Israel sind 62 Prozent mindestens einmal geimpft, über 56 Prozent sind doppelt geimpft. Unter den Eingelieferten in den Spitälern befinden sich nachweislich auch Geimpfte. Ministerpräsident Naftali Bennet sagte denn auch, dass die Wirksamkeit der vorhandenen Impfstoffe gegen die Delta-Variante schwächer sei als man gehofft hatte. Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, erklärt, was dies für die Schweizer Impfkampagne bedeutet.

Christoph Berger

Kinderarzt und Infektiologe

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Christoph Berger ist Kinderarzt und Infektiologe am Universitätsspital Zürich. Er ist zudem Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF).

SRF News: Was sagen Sie zu den Berichten aus Israel?

Christoph Berger: Wir müssen die Daten ganz genau anschauen. Es ist sehr wichtig zu wissen, was in Israel geschieht. Es gibt Infektionen bei Geimpften – aber wir müssen noch sehen, ob diese wirklich schwer sind. Nach meinen Informationen und Daten treten die Infektionen vor allem bei bloss einmal Geimpften auf. Und bei zweimal Geimpften sind die schweren Infektionen sehr selten.

Eine Wirksamkeit von 65 Prozent bedeutet: Von drei Geimpften sind zwei geschützt.
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Mit der Ausbreitung der Delta-Variante ist die Wirksamkeit des Pfizer/Biontech-Impfstoffs in Israel laut Gesundheitsministerium auf 65 Prozent gesunken. Der Wirkstoff wird auch in der Schweiz eingesetzt. Ist es so überhaupt sinnvoll, zu impfen?

Wir brauchen noch genauere wissenschaftliche Daten. Diese werden ganz sicher noch folgen. Impfen macht aber auf jeden Fall Sinn: Denn auch gemäss der israelischen Daten sind schwere Krankheitsverläufe bei zweimal Geimpften ganz selten.

Trotzdem scheint eine Wirksamkeit von 65 Prozent nicht sehr hoch zu sein.

Bei den ursprünglichen Varianten hatten wir eine Wirksamkeit von 90 Prozent. Eine Wirksamkeit von 65 Prozent bedeutet: Von drei Geimpften sind zwei geschützt.

Wie hoch ist die Wirksamkeit von Moderna, des anderen Impfstoffs, der in der Schweiz eingesetzt wird?

Der Moderna- und der Pfizer/Biontech-Impfstoff sind beide mRNA-Impfstoffe. Sie sind grundsätzlich sehr ähnlich, basieren auf dem gleichen Prinzip und hatten in den Zulassungsstudien eine ganz ähnliche Wirksamkeit. Von Moderna gibt es weniger Daten zur Wirksamkeit gegen die Delta-Variante. Aber es gibt Daten aus Kanada, und die sind relativ ähnlich zu dem, was man aus Schottland und Israel über Pfizer/Biontech weiss.

Die Impfstoffe wirken weniger gut als gegen die Alpha- oder die ursprüngliche Variante von Sars-CoV-2 – aber sie wirken.
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Machen Sie sich Gedanken angesichts der Lage in Grossbritannien und Israel im Zusammenhang mit den Geimpften und dieser Delta-Variante?

Selbstverständlich. Dennoch ist es immer noch so, dass diese Impfstoffe auch bei der Delta-Variante wirken. Sie wirken weniger gut als gegen die Alpha- oder die ursprüngliche Variante von Sars-CoV-2 – aber sie wirken. Davon müssen wir ausgehen und darum müssen wir weiter impfen. Die Geimpften sind viel besser geschützt als die Ungeimpften.

Wie viele Geimpfte haben sich eigentlich bisher in der Schweiz mit leichten oder schwereren Folgen mit der Delta-Variante angesteckt?

Es gibt dazu Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) – sie sind sehr klein. Ich habe aber keine Informationen darüber, ob das leichte, schwere oder asymptomatische Infektionen waren.

Bisher 273 Ansteckungen bei Geimpften bekannt

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Auf Anfrage von SRF News schreibt das BAG:

«Seit 27. Januar bis heute wurden dem BAG insgesamt 273 Fälle von Personen gemeldet, die mindestens zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis positiv auf Covid-19 getestet wurden. Davon mussten 77 hospitalisiert werden und 17 sind verstorben. In derselben Periode wurden insgesamt 190'000 positive Fälle registriert.

Die Zahl von 273 Fällen ist eine Unterschätzung, weil es Personen mit Impfdurchbrüchen gibt, die weder in einem Spital noch ambulant erfasst wurden. Trotz dieser Unschärfe sind diese Fälle von vollständig Geimpften, die sich wieder infizieren, gering. Die Hälfe der Fälle (152) bezieht sich auf Personen, die älter sind als 70 Jahre. Dies kommt unter anderem daher, weil am Anfang der Impfkampagne vor allem die Personen in dieser Altersgruppe geimpft wurden.»

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Rendez-vous, 21.07.2021, 12:30 Uhr ; 

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