Die Empörung bei 70'000 schwedischen Arbeitssuchenden war gross: Wegen eines Fehlers im Algorithmus zahlte ihnen die Behörde kein Arbeitslosengeld aus.
Ist eine solche Panne in der Schweiz denkbar? Und wie weit ist die Digitalisierung der Arbeitsmarktbehörden vorangeschritten? SRF News hat beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) nachgefragt.
Neues Auszahlungssystem kommt 2021
«Ein solcher Fehler wäre mit dem heutigen Auszahlungssystem nicht möglich, da die Arbeitslosenversicherung keinen Algorithmus bei der Auszahlung von Taggeldern einsetzt», sagt Seco-Mediensprecher Fabian Maienfisch.
Entscheidungen im Zusammenhang mit der Arbeitslosenentschädigung treffen laut Maienfisch die Mitarbeiter. Im Jahr 2021 wird das aktuelle Auszahlungssystem durch ein neues System ersetzt. Dieses soll, so der Mediensprecher, «die Prozesse durchgehend vom Antrag bis zur Auszahlung unterstützen».
Dennoch entscheidet am Ende auch dann ein Mensch: Die Mitarbeiter müssten die Richtigkeit von teilautomatisierten Ergebnissen prüfen und weiterhin komplexe Fälle bearbeiten, betont das Seco.
Ressourcen sparen per Profiling
In anderen Staaten ist die Digitalisierung in den Behörden nicht nur bei der Geldauszahlung schon weiter vorangeschritten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt Ländern, statistisches Profiling bei der Arbeitslosenförderung einzusetzen.
So würden keine grossen Ressourcen für Arbeitssuchende verschwendet, die schnell einen Job finden. Australien, Belgien, die USA, Dänemark, die Niederlande und Schweden setzen laut einem Bericht des ORF bereits auf diese Art der automatisierten Kategorisierung. In den letztgenannten drei Ländern ist die Teilnahme der Arbeitslosen allerdings freiwillig.
Kontroverses Beispiel Österreich
Seit kurzem sorgt Österreich in diesem Bereich für Diskussionen. Der dortige Arbeitsmarktservice (AMS), der ähnliche Aufgaben erfüllt wie die Schweizer regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), erprobt seit Januar 2019 einen Algorithmus, der die Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen ermittelt.
Dieser teilt die Arbeitslosen in drei Gruppen mit hohen, mittleren und niedrigen Arbeitsmarktchancen ein. Kritiker werfen den Machern allerdings Diskriminierung vor, da das Programm nicht nur Ausbildung und Berufserfahrung berücksichtigt, sondern auch Kenndaten wie Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit. Frauen erteilt die Software automatisch eine schlechtere Bewertung als Männern.
Mehr Digitalisierung in der Schweiz
Auch die Schweiz setzt künftig stärker auf Digitalisierung. «Seit Januar 2018 gibt es das Projekt ‹Online Services›», sagt Seco-Sprecher Maienfisch. Ab 2020 würden schrittweise erste Online Services in der Arbeitslosenversicherung eingeführt, um die administrativen Abläufe weitgehend digital und papierlos abzuwickeln, führt er aus.
So weit wie in Österreich geht die Automatisierung aber nicht. In der Schweiz ist lediglich geplant, dass häufig genutzte Formulare und die eigenen Bewerbungsunterlagen von den Stellensuchenden online über das Portal arbeit.swiss eingereicht werden können.