Absenkpfad, Schleppschlauchpflicht, Verkäsungszulage oder Hörner-Franken: Diese Begriffe aus dem Landwirtschaftsjargon prägten am Donnerstag die Debatte um die Zukunft der Landwirtschaft – die Agrarpolitik 22 plus. Nachdem der Ständerat die Vorlage im Dezember angenommen hatte, stimmte auch der Nationalrat klar für die Änderungen im Landwirtschaftsgesetz.
Ziel des Bundesrates ist es, mit der neuen Agrarpolitik die Ernährungssicherheit durch Nachhaltigkeit zu stärken. Neu soll nebst der landwirtschaftlichen Produktion, der Fokus auch auf dem Handel und dem Konsum liegen. Vergeblich hatten die SP, die Grünen und die GLP mehr Klimaziele im Landwirtschaftsgesetz gefordert.
Eine verpasste Chance, findet Demeter-Landwirt Martin Ott in der «Arena». Die Landwirtschaftspolitik fördere den Umweltschutz nicht, wie sie es könnte: «Es ist ein Weiterführen von dem, was wir bereits haben.» Das sei zwar nicht schlecht. Aber es gebe ein Ökologieproblem: «Wir haben einen massiven Stickstoffüberschuss in der Schweiz. Dort muss man dringend ansetzen, wenn wir eine nachhaltige Landwirtschaft wollen.»
Der Präsident des Bauernverbands, Markus Ritter, hingegen sprach von einem Paradigmenwechsel. Eine nachhaltige Landwirtschaft reiche vom Acker bis auf den Teller: «Die Konsumenten entscheiden jeden Tag an der Ladentheke über die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft.» Ritter warnte vor einer Überregulierung der Produktion durch die Politik. Die Landwirtschaftsbetriebe seien stark gefordert: «Massnahmen, die von der Amtsstube in Bern aus entschieden worden sind, sind für Bäuerinnen und Bauern nicht immer umsetzbar und führen zu mehr Bürokratie.» Es brauche einen gewissen Gestaltungsspielraum.
Der Bauernverband manövriere die Bäuerinnen und Bauern damit in eine Opferrolle, entgegnete Ott, der durch sein Buch «Kühe verstehen» auch als «Kuhflüsterer» bekannt ist. Stattdessen sollten sie beim Thema Ökologie mutig vorangehen: «Die Trennung von Produktion und Biodiversität ist ein grosser Fehler.» Eine gute Produktion fördere auch die Artenvielfalt und schütze die Umwelt.
Die Politik fordert immer mehr und die Konsumenten sind nicht bereit, bei der Qualität einzustecken.
Eine andere Realität zeichnete Gemüseproduzent Simon Lässer. «Unsere Produkte sollen preisgünstig und makellos sein, gleichzeitig will die Politik, dass wir immer ökologischer und nachhaltiger produzieren.» Für die Landwirtschaftsbetriebe werde der Spagat zwischen Politik und Konsumentenwünschen immer grösser.
«Ich attestiere den Bäuerinnen und Bauern, dass sie sich für unsere Umwelt und unsere Lebensgrundlagen engagieren», sagte GLP-Nationalrätin Tiana Moser. Aber die Agrarpolitik werde den drängendsten Fragen der Ökologie nicht gerecht. «Mit Steuergeldern heizen wir den Fleischkonsum an und subventionieren eine tierintensive Landwirtschaft.» Diese falschen Anreizmechanismen führten zu einem Nährstoffüberschuss und schliesslich zu Artensterben, Übersäuerung der Böden und Trinkwasserverschmutzung.
Die Landwirtinnen und Landwirte leisten bereits extrem viel für den Umweltschutz.
Dem widersprach SVP-Nationalrat Mike Egger: «Die Landwirtinnen und Landwirte leisten bereits extrem viel für den Umweltschutz.» So liege etwa der Anteil an Biodiversitätsflächen im Durchschnitt weit über der gesetzlichen Vorgabe. Auch der Treibhausgasausstoss sowie der Stromverbrauch hätten in den letzten Jahren massiv reduziert werden können. «Gleichzeitig ist die Produktivität gestiegen und das trotz Bevölkerungswachstum und Hofsterben.»
Worin sich die Gäste in der «Arena» einig waren, war die Dringlichkeit des Themas Foodwaste. Pro Jahr und pro Kopf werfen Schweizerinnen und Schweizer über 330 Kilogramm Lebensmittel weg. Laut Bund soll diese Lebensmittelverschwendung bis im Jahr 2030 um drei Viertel reduziert werden.