Zum Inhalt springen

«Arena» zur Elternzeit Wie stark darf der Staat in das Familienmodell eingreifen?

In der Debatte um 38 Wochen Elternzeit war sich die Politrunde uneinig – und wurde von den Publikumsgästen gefordert.

Mutter und Vater sollen nach der Geburt eines Kindes bis zu 38 Wochen Elternzeit beziehen können. Einen entsprechenden Vorschlag brachte diese Woche die Eidgenössische Kommission für Familienfragen EKFF aufs Tapet. Zusätzlich zu den acht Wochen Arbeitsverbot könnte eine Mutter demnach bis zu 15 weitere Wochen beziehen. Ebenfalls 15 Wochen Elternzeit stünden dem Vater zur Verfügung.

Die Gäste in der «Arena»

Box aufklappen Box zuklappen
  • Diana Gutjahr , Nationalrätin SVP/TG
  • Matthias Aebischer , Nationalrat SP/BE
  • Josef Dittli , Ständerat FDP/UR
  • Melanie Mettler , Nationalrätin GLP/BE

Ausserdem im Studio:

  • Petra Hubler , Inhaberin eines Reisebüros
  • Alessandro Sebaste , Berater für Softwarequalität

 Moderiert von Sandro Brotz .

Dieses Modell soll laut EKFF Vätern wie Alessandro Sebaste zugutekommen. Der Software-Berater aus Spiegel bei Bern diskutierte als Publikumsgast in der «Arena» mit. «Ich habe meine Arbeitsstelle gekündigt, um die Zeit mit meinen Kindern zu geniessen», erzählte Sebaste, Vater von siebenjährigen Zwillingen und eines zehnjährigen Sohnes. «Meine Frau hatte sich gewünscht, relativ bald nach der Geburt der Kinder wieder zu arbeiten. Deshalb haben wir uns gemeinsam organisiert.» Heute arbeite er Teilzeit und geniesse die Flexibilität.

Die Forderung nach 38 Wochen schlägt dem Fass den Boden aus.
Autor: Josef Dittli Ständerat FDP/UR

«Eine Flexibilisierung der Elternzeit ist wichtig», sagt FDP-Ständerat Josef Dittli, «aber die Forderung nach 38 Wochen schlägt dem Fass den Boden aus.» Mit Kosten von 2.4 Milliarden Franken pro Jahr lasse sich das vorgeschlagene Modell schlicht nicht finanzieren. Zudem würde die Elternzeit zum Ausfall von Müttern und Vätern führen, die im Arbeitsprozess dringend gebraucht werden. Dittli plädierte stattdessen für Massnahmen wie etwa familienergänzende Kinderbetreuung, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.

Anders sah dies GLP-Vizepräsidentin Melanie Mettler: «Unser heutiges System zementiert Rollenbilder: Die Mutter ist zuständig für die Kinderbetreuung, der Vater geht arbeiten.» Mettler begrüsst deshalb den paritätischen Ansatz des EKFF-Modells. Demnach kann eine Mutter auf bis zu sieben Wochen zugunsten des Vaters verzichten, ihm ist es hingegen nicht möglich, seine Elternzeit auf die Mutter zu übertragen. «Die vorgeschlagene Elternzeit ist ein möglicher Weg, wie wir den Eltern mehr Freiheit geben können, ihr Lebensmodell selbst zu wählen», so Mettler.

Eine Elternzeit könne allerdings auch dazu führen, dass Frauen den gesellschaftlichen Druck zu spüren bekommen, wieder zu arbeiten, warnte Petra Hubler, Publikumsgast aus Biberist. Die Reisbüro-Inhaberin und Mutter zweier erwachsener Kinder setzt auf Eigenverantwortung. «Ich habe für die Betreuung meiner Kinder sieben Jahre lang eine Hausangestellte mit Arbeitsvertrag beschäftigt», so Hubler. Dies habe sie zwar in den ersten drei Jahren ihren Lohn gekostet, aber die Investition habe sich gelohnt. Dadurch sei sie nie aus dem Arbeitsmarkt gefallen und habe sich ihr eigenes Geschäft aufbauen können.

Es muss unser Ziel sein, dass Mütter nach der Geburt wieder arbeiten gehen.
Autor: Matthias Aebischer Nationalrat SP/BE

«Es muss unser Ziel sein, dass möglichst viele Mütter nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten gehen – dies gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels», sagte SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Deshalb müssten nun Massnahmen ergriffen werden, um die offenen Stellen zu besetzen und den Wohlstand sichern zu können. «Die Elternzeit ist gut, nützt aber allein nichts, wenn die Betreuung danach nicht sichergestellt ist», sagte Aebischer und forderte deshalb mehr und günstigere Kita-Plätze.

«Familie ist in erster Linie Privatsache. Und das soll auch so bleiben», betonte indessen Diana Gutjahr. Der Wert der Familie und das traditionelle Familienmodell würden in der Diskussion immer wieder geflissentlich ignoriert, so die SVP-Nationalrätin weiter. Der staatlichen Finanzierung von neuen Krippenplätzen steht sie deshalb kritisch gegenüber. Kitas seien wichtig, aber der Staat dürfe sich auf keinen Fall einmischen. Und auch der Elternzeit erteilte Gutjahr eine Absage: «Es ist nicht erwiesen, dass eine Elternzeit zu mehr Arbeitsstunden und den erwarteten Mehreinnahmen führt.»

Die in der «Arena» diskutierten familienpolitischen Aspekte dürften die Schweizer Politik in der nächsten Zeit weiter beschäftigen. In der kommenden Session etwa debattiert der Nationalrat über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung. Und auch die Elternzeit wird ein Thema bleiben, zumal hierzu ein Initiativprojekt in den Startlöchern steht.

Arena, 17.02.2023, 22:25 Uhr

Meistgelesene Artikel