Noch kennt die Schweiz keine nationale Elternzeit. Doch auf politischer Ebene tut sich etwas. So hat sich etwa kürzlich die zuständige Kommission des Nationalrats für die Ausarbeitung einer Elternzeit-Vorlage ausgesprochen.
Allerdings sieht die Kommission keine Ausweitung des heute insgesamt 16-wöchigen Mutter- und Vaterschaftsurlaubs vor, sondern lediglich eine «Flexibilisierung»: Die acht Wochen Mutterschutz und damit ein Beschäftigungsverbot sollen bestehen bleiben, die restlichen acht Wochen sollen die Eltern untereinander aufteilen können.
Während die Bürgerlichen den Vorschlag mehrheitlich befürworten, sorgt er bei Parteien links der Mitte für Kritik: Es handle sich um eine «Abbauvorlage auf dem Buckel der jungen Mütter», sagt SP-Nationalrätin Sarah Wyss in der «Arena». Dem pflichtet GLP-Fraktionspräsidentin Corina Gredig bei: «Von den Müttern zu verlangen, dass sie nach acht Wochen wieder in den Beruf einsteigen, ist zu früh.»
Mehr Fachkräfte dank Elternzeit?
FDP-Nationalrätin Kris Vietze verteidigt den Vorschlag: Es handle sich um eine Flexibilisierung, nicht um einen Abbau. Überdies könnten die Unternehmen und Kantone eigenständig grosszügigere Lösungen beschliessen.
Eine Elternzeit hilft gegen den Fachkräftemangel.
Statt einer Flexibilisierung unterstützen Wyss und Gredig die sogenannte Familienzeit-Initiative, die sich derzeit im Sammelstadium befindet. Die Initiative verlangt je 18 Wochen Elternzeit für beide Elternteile. Sie soll nicht übertragen und nur teilweise gleichzeitig bezogen werden können.
«Eine Elternzeit hilft gegen den Fachkräftemangel», zeigt sich Gredig überzeugt. Schliesslich würden damit mehr Frauen nach einer Geburt im Erwerbsleben bleiben. Es handle sich daher um eine Investition, die sich langfristig auszahle.
Dieser Argumentation kann SVP-Nationalrat Rémy Wyssmann wenig abgewinnen. Bei Annahme der Initiative drohten Mehrausgaben von über einer Milliarde Franken jährlich. Und: «Diese Leute fehlen dann in der Wirtschaft. Wir können uns das schlicht nicht leisten.» Gerade für kleine Betriebe sieht der Solothurner schwarz: «Ein Bäcker, der seine Angestellten in den Vaterschaftsurlaub schicken muss, dem fällt der Betrieb zusammen!»
Diese Leute fehlen dann in der Wirtschaft. Wir können uns das schlicht nicht leisten.
Geburtenrate liegt bei 1,3 Kindern pro Frau
Sarah Wyss führt ins Feld, dass Frauen im gebärfähigen Alter heute auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt würden. Mit einer Elternzeit würde es künftig keine Rolle mehr spielen, ob man als Arbeitgeber eine Frau oder einen Mann anstellt, weil beide ausfallen könnten, so die Baslerin. Eine Elternzeit fördere daher die Gleichstellung.
Umstritten bleibt derweil, ob sich eine Elternzeit positiv auf die Geburtenrate auswirken würde. Diese liegt in der Schweiz aktuell bei knapp 1,3 Kindern pro Frau. Für Gredig ist klar: Familienfreundliche Massnahmen können die Geburtenrate erhöhen.
Vietze entgegnet: Vor Einführung des 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub sei die Geburtenrate höher gewesen als heute. Die Demografie sei zwar ein grosses Problem, doch: «Ich glaube nicht, dass sich Paare gegen Kinder entscheiden, weil man am Anfang weniger Elternzeit hat.»