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Gleichstellung Paare können rechnen: deshalb bleibt Familienarbeit Frauensache

Gemäss neusten Zahlen besteht immer noch ein grosses Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen, was Haus- und Familienarbeit anbelangt.

Die neusten Zahlen: Laut den vom Bundesamt für Statistik veröffentlichten Zahlen übernehmen Frauen nach wie vor einen deutlich höheren Anteil der unbezahlten Arbeit. Sie verbringen durchschnittlich 61 Prozent ihrer Arbeitszeit mit unbezahlten Tätigkeiten, Männer nur 42 Prozent.

Die Gründe: Cyrielle Huguenot, Zentralsekretärin vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund, sieht den Hauptgrund in der Familiengründung. «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in der Schweiz schwierig und Fremdbetreuung extrem teuer», erklärt sie. Dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten, lohnt sich in der Regel finanziell gesehen nicht – Kitakosten und Steuerprogression fressen bei Ehepaaren das Zweiteinkommen weg. Zudem geniessen viele die gemeinsame Zeit mit den Kindern – und können sich dank hoher Löhne die Zeit daheim auch leisten.

Paare können rechnen: Ökonomisch gesehen kann es attraktiver sein, wenn ein Ehepartner sein Arbeitspensum reduziert und dafür mehr unbezahlte Arbeit leistet – die dann nicht teuer ausgelagert werden muss. Aber warum tut das meist die Mutter? «Frauen arbeiten häufig in Berufen mit tieferen Löhnen», sagt Huguenot. Dazu kommen Geschlechterstereotypen: «Es gibt einen sozialen Druck, der Frauen ein schlechtes Gewissen macht: ‹Ich kann nicht 100 Prozent arbeiten, das ist nicht gut für das Kind.›» Dieser Druck laste mehr auf Frauen als auf Männern.

Eine Frau befüllt eine Waschmaschine
Legende: Die Wäsche von einer professionellen Putzkraft erledigen zu lassen, kostet Geld. In einigen Familienkonstellationen lohnt es sich über das Ganze gerechnet mehr, wenn die Ehefrau ihr Pensum reduziert und diese Tätigkeiten unbezahlt macht. KEYSTONE/Christian Beutler

Die Folgen: Je mehr Frauen unbezahlt zu Hause arbeiten, statt im Büro, in der Industrie oder in anderen bezahlten Tätigkeiten, desto schlechter stehen sie beruflich da.

Das braucht es: «Die Kinderbetreuung muss dringend als Service public ausgebaut werden», sagt Huguenot. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz schlecht da, was Vereinbarkeit von Beruf und Familie angeht. «Ein längerer Elternurlaub wie in anderen Ländern wäre auch wichtig. Nach einem längeren Urlaub würden mehr Frauen wieder in den Beruf einsteigen, weil die Kinder nicht mehr ganz so klein sind», ist Huguenot überzeugt.

Das tut sich: Auf politischer Ebene gibt es durchaus Bemühungen, Fehlanreize zu reduzieren. Drei Beispiele:

  • Elternurlaub: Das Parlament diskutiert aktuell über eine Verlängerung und/oder Flexibilisierung der Elternzeit. Im April wurde eine Initiative lanciert, die Eltern in der Schweiz insgesamt 36 Wochen Familienzeit geben will. Aktuell haben Mütter nach der Geburt Anspruch auf 14 Wochen bezahlten Urlaub, Väter nur zwei. Auch dieses Ungleichgewicht kann einer traditionellen Rollenteilung Vorschub leisten.
  • Individualbesteuerung: Die FDP hat eine Volksinitiative lanciert, damit jede Person – unabhängig vom Zivilstand – individuell besteuert wird. Damit würde der Fehlanreiz gemildert, dass sich für Doppelverdiener-Ehepaare nur ein kleines zweites Arbeitspensum lohnt. National- und Ständerat konnten sich nun auf einen Gegenvorschlag einigen, in wenigen Tagen steht eine Schlussabstimmung an. Mitte und SVP bekämpfen die Idee ganz grundsätzlich.
  • Bezahlbare Kinderbetreuung: Es sind mehrere Vorstösse hängig, die Familien bei der Kinderbetreuung finanziell entlasten wollen. Die Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle (Kita-Initiative)» fordert, dass jedes Kind ab dem Alter von drei Monaten bis Ende der Grundschule einen Anspruch auf eine institutionelle familienergänzende Kinderbetreuung hat.

Regionaljournal Bern, 5.6.2025, 17:30 Uhr;liea

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