Zum Inhalt springen

Asylwesen Sind 1800 zusätzliche Asylplätze genug?

Die Kantone stellen rund 1800 zusätzliche Unterbringungsplätze für Asylsuchende zur Verfügung. 600 davon sind rasch bezugsbereit, bei 1200 sind die genaueren Bedingungen der Nutzung noch in Abklärung. Damit soll ein Engpass bei einem raschen Anstieg der Flüchtlingszahlen möglichst verhindert werden. Das teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit.

Zuvor hatte sich Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider mit Vertreterinnen und Vertretern von Kantonen, Städten und Gemeinden über die Situation im Asylbereich und die Unterbringung von Asylsuchenden ausgetauscht. Mitte Juni waren die Pläne des Bundesrats im Parlament gescheitert, zusätzliche Asylplätze in Containern auf Armeeboden zur Verfügung zu stellen. SRF-Bundeshausredaktorin Nathalie Christen ordnet ein.

Nathalie Christen

Bundeshausredaktorin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Christen ist Korrespondentin im Bundeshaus für Fernsehen SRF. Sie arbeitet seit 2002 für SRF. Unter anderem leitete sie die Bundeshausredaktion von Radio SRF und war Produzentin bei der «Arena». Zuvor war sie Bundeshausredaktorin beim «SonntagsBlick».

Reichen diese zusätzlichen 1800 Plätze?

Wahrscheinlich ja. Auch hinter den Kulissen ist eher Optimismus zu vernehmen. Allerdings müssen Bund und Kantone jetzt noch mehr als vorher hoffen, dass sich die Realität auch an die wahrscheinlichsten Szenarien des Bundes hält. Das heisst konkret, wenn bis Ende Jahr rund 28'000 Menschen Asyl suchen, dann würden sogar die heutigen Unterkünfte reichen. Mit den zusätzlichen Plätzen der Kantone hat man nun einen kleinen Puffer. Für ein Extrem-Szenario von zum Beispiel 40'000 Asylgesuchen bis Ende Jahr würde das aber nicht reichen.

Was für einen Unterschied hätte es gemacht, wenn man die Asylcontainer bestellt hätte?

Dann wäre der Puffer einfach grösser gewesen – und vor allem wären das alles «echte» zusätzliche Plätze gewesen. Denn: Wenn jemand ein Asylgesuch stellt, ist zuerst der Bund für diese Person verantwortlich. Nach ein paar Monaten wechselt die Verantwortung dann zu den Kantonen. Wenn die Kantone dem Bund nun also Plätze in Zivilschutzanlagen zur Verfügung stellen, können sie diese Plätze natürlich nicht gleichzeitig selber benutzen. Diese Betten in den Zivilschutzanlagen sind allerdings sowieso umstritten, weil dort meist das Tageslicht fehlt.

Hat man dank des Neins des Ständerats zu den Containern Geld gespart?

Ja, zumindest bei den Anfangskosten. Allerdings dürfte die heutige Lösung im Betrieb teurer sein. Viele kleinere Standorte sind meistens teurer als ein paar wenige zentrale. Beispielsweise müssen Asylsuchende so häufiger transportiert werden, beispielsweise für Befragungen und alles Weitere, was es in einem Asylprozess braucht. Das verlängert auch den Prozess.

Was bedeutet die aktuelle Entwicklung für die bevorstehenden Wahlen?

Das hängt davon ab, ob die Plätze am Ende reichen oder nicht. Falls es zu einem Chaos kommen sollte, wird sicher jene Partei profitieren, die dieses Thema am stärksten bewirtschaftet, und das ist die SVP. Wenn alles reibungslos läuft, wird wahrscheinlich keine Partei davon profitieren.

Tagesschau, 25.8.2023, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel