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ETH-Studie zu Asyl Zustimmung zu Asylsuchenden steigt – auch im rechten Lager

Der russische Angriff auf die Ukraine löste eine der grössten Fluchtbewegungen seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Mehr als 7.4 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer beantragten Asyl in Europa. Das sind fast dreimal so viele Menschen, wie in den Jahren 2015 und 2016 während des syrischen Bürgerkriegs in Europa Schutz fanden.

Die Studie

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Die erste Befragungsrunde fand im Februar 2016 statt, die zweite von Mai bis Juni 2022. Die Forschenden legten den Befragten Profile von hypothetischen Asylsuchenden vor, bei denen Merkmale wie Religion, Geschlecht, Beruf oder Fluchtgrund zufällig variiert wurden. Anschliessend entschieden die Befragten, welche Profile von Asylsuchenden sie in ihrem Heimatland aufnehmen würden. Die Studie erscheint in der Fachzeitschrift «Nature».

Um zu untersuchen, ob und wie sich die Aufnahmebereitschaft der einheimischen Bevölkerung seit 2016 veränderte, befragte ein internationales Forschungsteam, an dem neben der ETH Zürich auch die University of California, Berkeley, und die Stanford University beteiligt waren, 33'000 Personen in 15 europäischen Ländern. Die wichtigsten Erkenntnisse in der Übersicht.

Aufnahmebereitschaft bleibt stabil

Die Aufnahmebereitschaft in Europa hat sich gemäss der Studie auch nach der zweiten grossen Flüchtlingsbewegung innerhalb von acht Jahren nicht gross geändert. «Die Aufnahmebereitschaft ist erstaunlicherweise stabil geblieben. Wenn überhaupt, hat sie sogar zugenommen», erklärt ETH-Professor Dominik Hangartner.

Diese Erkenntnis sei umso mehr überraschend, als dass in Europa neben den Millionen von Flüchtlingen auch eine Wirtschaftskrise mit Inflation stattfinde, sagt der Forscher.

Schaut man sich die einzelnen Länder an, fällt auf, dass die Aufnahmebereitschaft in sämtlichen Ländern gestiegen ist. In Grossbritannien stieg sie beispielsweise um satte 11 Prozentpunkte. Die höchsten Zustimmungswerte im Befragungsraum 2022 finden sich in Italien und Spanien, den tiefsten in Tschechien.

Schweiz bloss im Mittelfeld

Die Schweiz befindet sich insgesamt im Mittelfeld, der Zustimmungswert 2022 betrug 49 Prozent. Im Vergleich zu 2016 wuchs der Wert um 5 Prozentpunkte. «Dass die Schweiz vom Wert her bloss im Mittelfeld liegt, ist insofern erstaunlich, als Länder wie Italien und Spanien, welche aufgrund ihrer geografischen Lage gegenüber Flüchtlingen exponiert sind, eher bereit sind, mehr Flüchtlinge aufzunehmen», erklärt Hangartner. Die Länder würden auch wirtschaftlich nicht besser dastehen als die Schweiz.

Die Studie zum Nachlesen

Auch im rechten Lager steigt Zustimmung für Asylsuchende

Ebenfalls ein Thema der Studie war, inwieweit die Aufnahmebereitschaft von der politischen Einstellung der Befragten abhängt. «Wenig überraschend sind Rechte eher weniger bereit, Flüchtlinge aufzunehmen», erklärt Hangartner.

Die Unterschiede zwischen 2016 und 2022 seien aber gleich geblieben und hätten, wenn überhaupt, sogar abgenommen. «Wir sehen keine Evidenz für eine zunehmende Polarisierung zwischen links und rechts.» In Zahlen ausgedrückt: Bei den links eingestellten Befragten stieg die Zustimmung in den sechs Jahren um 3.4 Prozentpunkte, bei politisch rechts eingestellten um 4.2 Prozentpunkte.

Ukrainische Flüchtlinge sind beliebter

Die Forschenden fanden zudem heraus, dass die Einstellungen gegenüber ukrainischen Geflüchteten positiver sind als gegenüber Geflüchteten aus Ländern wie Syrien, Pakistan oder Afghanistan. «Die Bevorzugung der ukrainischen Geflüchteten bei den Befragten ist nicht primär aufgrund deren Herkunft, sondern weil sie gewisse Charakteristiken erfüllen: weiblich, eher jung, gut ausgebildet, christlich», erklärt Hengartner. Diese Attribute würden für Zustimmung sorgen.

SRF 4 News, 09.08.2023, 17:00 Uhr

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