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Aufwändiger Kantonswechsel «Verrückt»: Moutier zieht um – und Bern stöhnt über den Aufwand

Der administrative Aufwand, den der Kantonswechsel der Gemeinde Moutier für den Kanton Bern bedeutet, ist riesig – und nicht verhältnismässig, findet der zuständige Berner Vize-Staatsschreiber David Gaffino.

Der Countdown läuft: Ende Jahr wechselt die Gemeinde Moutier mit 7000 Einwohnenden vom Kanton Bern zum Kanton Jura. Der Wechsel setzt einen Schlusspunkt im jahrzehntelangen Jurakonflikt. Nach wie vor bereitet der Kantonswechsel dem Berner Vize-Staatsschreiber David Gaffino Kopfzerbrechen. Er findet den Aufwand «unverhältnismässig».

David Gaffino

Vize-Staatsschreiber Kanton Bern

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David Gaffino ist Vize-Staatsschreiber des Kantons Bern. In seiner Funktion ist er mitverantwortlich für den Vollzug des Kantonswechsels von Moutier zum Kanton Jura.

SRF News: Was ändert sich für die Leute ganz konkret?

David Gaffino: Für einige hat es eine grosse symbolische Bedeutung, endlich ein jurassisches Nummernschild am Auto zu haben. Sie haben auch keine Probleme mehr damit, dass gewisse Korrespondenz auf Deutsch in den Briefkasten flattert. Die Strukturen und Dienste des Kantons sind im Jura zwar anders organisiert. Aber sehr viele Dinge werden sich nicht ändern.

Es ist kompliziert und eigentlich auch ein bisschen verrückt, diesen Wechsel überhaupt zu machen
Autor: David Gaffino Vize-Staatsschreiber Kanton Bern

Was ist das Wichtigste, das bei dem Kantonswechsel nicht vergessen werden darf?

Der Wechsel von Moutier ist demokratisch gewollt, wir wollen den Prozess so sauber wie möglich zu Ende zu bringen. Aber es gibt extrem viel zu tun, es ist kompliziert und eigentlich ein bisschen verrückt, diesen Kantonswechsel zu machen. Die Regierung und ich plädieren dafür, dass wir so etwas zum letzten Mal machen.

Weshalb?

Es ergibt eigentlich nicht wahnsinnig viel Sinn, dass Moutier den Kanton ohne die Nachbargemeinden wechselt. Das ist geografisch und strukturell nicht ganz logisch. Es macht in der heutigen Welt keinen Sinn, so eine Übung zu wiederholen.

Was macht den Kantonswechsel so komplex?

Für den Kanton Bern mag die 7000 Einwohner zählende Gemeinde Moutier auf den ersten Blick klein erscheinen, doch für den Berner Jura war sie ein wichtiges Regionalzentrum mit wichtiger Infrastruktur und Verwaltung. Behörden wie Polizei und Gerichte müssen nun anderswo im Berner Jura eingerichtet werden.

Der Jurakonflikt im Zeitraffer

Ob Winterdienst, Archäologie oder Nummernschilder. Sie müssen beim Kantonswechsel an alles denken, dürfen nichts vergessen. Wovor fürchten Sie sich?

Der Kanton Bern funktioniert zweisprachig gut, weil er die entsprechenden Strukturen hat. Ein Beispiel hierfür ist der garantierte Sitz in der Kantonsregierung. Dies, obwohl nur 10 Prozent der Bevölkerung französischsprachig sind, 90 Prozent sind deutschsprachig. «Schluss damit, wir brauchen diesen Zirkus für die Frankophonen nicht mehr», solche Vorstösse gab es bereits. Das wäre aus meiner Sicht fatal. Denn nur dank dieser Strukturen ist es für den Berner Jura möglich, im Kanton Bern gut zu leben.

Das Gespräch führte Thomas Pressmann

Der Jura-Konflikt

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Der Jura-Konflikt war ein jahrzehntelanger Streit zwischen den französischsprachigen Jurassiern und dem deutschsprachigen Kanton Bern. Die Jurassier fühlten sich kulturell und politisch benachteiligt. 1979 entstand der Kanton Jura. Im Südjura, dem Berner Jura, gab es immer wieder Spannungen. Es gab sogar Strassenschlachten. Mit dem demokratisch legitimierten Kantonswechsel der Stadt Moutier im Jahr 2021 gilt der Konflikt heute als beigelegt.

In der grossen Übersicht zum Kantonswechsel finden Sie alle Details zum Jura-Konflikt.

Adieu Bern: Moutier feiert Kantonswechsel zum Jura

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 22.9.2025, 17:30 Uhr ; 

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