«Manchmal kann ich kaum glauben, dass ich das jetzt tue», sagt Stuart Todd. «Aber sobald meine Füsse den Boden verlassen, weiss ich, warum ich es liebe.» Stuart Todd ist Wingsuit-Basejumper. Für den Extremsport ist der Südafrikaner in die Schweiz gezogen.
Basejumping gilt als eine der gefährlichsten Sportarten. «Es ist grossartig. In anderen Ländern wanderst du stundenlang bis zum Absprung. Hier nimmst du einfach die Gondel», sagt Todd. Die Zugänglichkeit der Absprungstellen in Lauterbrunnen lockt Springer wie Stuart Todd aus aller Welt an.
Dichtestress im Luftraum
Jährlich verzeichnet das Tal mittlerweile rund 25'000 Sprünge – Tendenz steigend. Das führt zu Dichtestress im Luftraum. Die Absprungstellen im vorderen Talbereich befinden sich im Luftraum von Air-Glaciers. Für jeden Sprung muss eine Freigabe eingeholt werden, um Kollisionen mit Helikoptern zu vermeiden.
«In der Hochsaison erreichten uns bis zu 200 Anrufe pro Tag», sagt Christian Stähli, Leiter der Air-Glaciers-Basis in Lauterbrunnen.
Eine App verhindert Kollisionen
«Der Luftraum ist noch zu», sagt die Wingsuit-Basejumperin Jenna Gygi zu ihrem Springerkollegen Stuart Todd. Die Präsidentin der Swiss Base Association zeigt auf ihrem Handy ein schwarzes Kreuz in der BaseApp. «Bevor wir springen, müssen wir uns beide auf dieser App einloggen.»
Aufgrund der zahlreichen täglichen Anrufe führte Air-Glaciers im Mai gemeinsam mit dem Verband ein neues System ein. «Wir konnten es nicht mehr sicher koordinieren», sagt Basisleiter Christian Stähli. Die digitale Lösung habe den Vorteil, dass Piloten live sehen, an welchen Stellen wie viele Basejumper angemeldet sind.
Zu 98 Prozent klappe das Zusammenspiel, aber es gebe Ausnahmen. «Hin und wieder kommt es vor, dass Basejumper ihren Sprung zwar anmelden, statt einem springen dann aber vier Personen», sagt Helikopter-Pilot Andreas Steiner. Häufig handle es sich um Touristen, die erklärten, dass sie keine mobilen Datenpakete auf ihren Handys hätten.
«Aus unserer Sicht gelten solche Entschuldigungen nicht, wenn wir Lösungen bereitstellen, damit sie ihren Sport hier sicher ausüben können», sagt der Basisleiter Christian Stähli. Die Mitarbeitenden suchen deshalb die Gespräche mit den Springenden. «Wir wollen keine Absprungstellen schliessen müssen», sagt Stähli.
Zwischen Akzeptanz und Distanz
Seit rund zwanzig Jahren gehören Basejumper zu Lauterbrunnen. «Im Dorf sind sie längst akzeptiert», sagt Pfarrer Markus Tschanz, «aber manche halten sie bewusst auf Distanz – aus Angst, dass wieder einer fehlt.»
Wir können es nicht kontrollieren. Sie springen trotzdem.
Bisher sind in Lauterbrunnen 70 Basejumper gestorben. Landwirt Adolf von Allmen hat mehrere Unfälle miterlebt. «Man sieht sie manchmal gegen die Felswände prallen. Das ist nicht schön.» Emotional belaste es ihn aber nicht, sagt er. «Das mag hart klingen, aber es war ihre Entscheidung.»
Ausserhalb des Tals ist der Blick kritischer. «Uns wird aus der ganzen Schweiz geraten, das Basejumpen endlich zu verbieten», sagt Karl Näpflin, Gemeindepräsident von Lauterbrunnen. Immer wieder erhalte er Zuschriften, die ein Verbot des Sports fordern. «Wir haben diesen Weg gewählt und versuchen, das Ganze so sicher wie möglich zu gestalten», so der Gemeindepräsident.
Ein Verbot sei nicht durchsetzbar. «Wir können es nicht kontrollieren. Sie springen trotzdem.»