Wie weit dürfen Politikerinnen und Politiker mit ihren Aussagen gehen? Diese Frage beschäftigt heute das Bezirksgericht Uster. Der Zürcher SVP-Kantonsrat Patrick Walder ist wegen Rassendiskriminierung angeklagt. Die SVP habe Eritreer verunglimpft und in ihrer Menschenwürde herabgesetzt, schreibt die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift.
Sie fordert für Walder eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 210 Franken sowie eine Busse von 800 Franken. Walder selbst plädiert auf Freispruch. Verteidigt wird er vom ehemaligen Zürcher SVP-Kantonsrat und Milieu-Anwalt Valentin Landmann.
Medienmitteilung war Stein des Anstosses
Die Angelegenheit liegt bereits sechs Jahre zurück. In einer Medienmitteilung reagierte die Zürcher SVP auf einen Vorfall im Frankfurter Hauptbahnhof im Juli 2019. Damals stiess ein Eritreer, der im Kanton Zürich lebte, einen 8-jährigen Buben und dessen Mutter unvermittelt vor einen einfahrenden Zug. Der Knabe wurde vom Zug überrollt und starb.
Die SVP schrieb daraufhin, dass diese abscheuliche Tat einmal mehr zeige, dass es sich bei solchen Personen «um nicht integrierbare Gewalttäter» handle, die in der Schweiz nichts verloren hätten. Sie würden «Familien, namentlich Frauen und Kinder, in Gefahr bringen».
Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, weil die SVP damit den Eindruck erweckt habe, Eritreer und dabei vor allem eritreische Asylsuchende würden allesamt zu erhöhter Gewaltanwendung neigen.
Walder streitet alleinige Verantwortung ab
Walder, der die Zürcher SVP damals interimistisch präsidierte, bestritt vor Gericht vehement, ein Rassist zu sein. Er habe die Mitteilung ausserdem nicht selbst verfasst. Er wisse zwar, dass er gebilligt habe, dass sich die SVP zum aktuellen Thema Eritreer äussere. «Ich kann mich aber nicht erinnern, dass ich den genauen Inhalt der Medienmitteilung gesehen habe.»
Es sei damals im Sommer 2019 eine heisse Phase im nationalen Wahlkampf gewesen. «Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht die Möglichkeit, alles abzusegnen und zu sichten», so Walder vor Gericht. Damals sei er gerade in den Ferien gewesen, weshalb das Verfassen dieses Texts nicht dem üblichen Ablauf entsprochen habe.
Anwalt Valentin Landmann erklärte in seinem Plädoyer ausserdem, dass Walder sicher noch einige Korrekturen verlangt hätte. Aber er habe den Text vor der Veröffentlichung gar nicht gesehen.
Eritreerin kritisiert Zürcher SVP
Angezeigt wurde die SVP, respektive Walder, von zwei Privatpersonen. Eine Privatklägerin, eine 24-jährige Zürcherin aus Eritrea, hat am Mittwoch beim Gerichtsprozess in Uster die Zürcher SVP für ihre Medienmitteilung harsch kritisiert. Seit dieser Wahlkampagne im Jahr 2019 werde sie rassistisch angegriffen.
Für die Anwältinnen der Privatklägerinnen und Privatkläger ist klar, dass Walder den Text vor der Veröffentlichung sah und auch genehmigte. Dies habe er in einer E-Mail auch selbst zugegeben, sagte einer der Anwältinnen im Gerichtssaal.
Ob es sich bei der Medienmitteilung der SVP tatsächlich um einen Fall von Rassendiskriminierung handelt, muss nun das Bezirksgericht Uster entscheiden. Das Urteil soll nächste Woche verkündet werden.