Vor dem Bezirksgericht in Pruntrut wurde es am Dienstagnachmittag laut und bunt. 200 Aktivistinnen und Aktivisten zogen vor das Gebäude und samt Hund und Protestplakate sogar in den Gerichtssaal. Sie unterstützten Caroline Meijers, der die Staatsanwaltschaft vorwarf, einem syrischen Flüchtling geholfen und damit gegen das Ausländergesetz verstossen zu haben.
Nach wenigen Minuten Verhandlung sprach der Gerichtspräsident die 61-Jährige von allen Anschuldigungen frei. Meijers war erleichtert. Ihr hätte eine 30-tägige Gefängnisstrafe gedroht.
Noch vor wenigen Tagen war die Gemütslage bei der gebürtigen Holländerin und zweifachen Mutter eine andere. In ihrem Garten im Dorf Undervelier erzählte Caroline Meijers zwischen Blumen und singenden Vögeln von ihren Problemen mit der jurassischen Justiz.
Meijers hatte einem syrischen Asylsuchenden erlaubt, dem Staatssekretariat für Migration (SEM) ihre Adresse als Wohnort zu melden. So konnte er sein Asylgesuch aktiv behalten, denn eigentlich hätte er in einem Bundesasylzentrum leben sollen.
Wenn man sich für Papierlose und Asylsuchende einsetzt, muss man mit Polizeibesuch rechnen.
Im April 2024 kam es bei Caroline Meijers morgens um 8 Uhr zu einer Hausdurchsuchung. Sie habe die Polizisten freundlich begrüsst und ihnen einen Kaffee gemacht, sagt Caroline Meijers. Überrascht habe sie der Besuch nicht, sie setze sich schon 24 Jahre für Papierlose und Asylsuchende ein. «Wenn man sich für Papierlose und Asylsuchende einsetzt, muss man mit Polizeibesuch rechnen.»
Beim Kaffeetrinken erzählte sie den Beamten dann, dass der Syrer hier wohne, aber gerade verreist sei. Die Beamten hätten sogar unter ihrem Bett nach dem Mann gesucht. Irgendwann sei dann klar gewesen: Der Syrer hatte dank ihr eine offizielle Wohnadresse, um seinen Asylantrag aktiv zu halten. In Undervelier gelebt hat er aber nie.
Bekennende Rebellin
Warum riskiert Caroline Meijers eine Straftat? Den Asylsuchenden habe ihr eine Kollegin, eine gebürtige Nordafrikanerin, vorgestellt, sagt Meijers. Die Kollegin kenne sich mit solchen Fällen aus und habe ihr versichert, dass der Mann in seiner Heimat gefoltert worden sei. Da das Regime von Baschar al-Assad damals noch an der Macht und Syrien im Krieg war, sei sie sich sicher gewesen, dass der Syrer eine Chance habe, in der Schweiz Asyl zu bekommen.
Sowieso sei ihr das Rebellische in die Wiege gelegt worden. Schon mit 17 Jahren sei sie von zu Hause abgehauen, so Meijers. Ihr Engagement gegen Dinge, die sie als ungerecht empfindet, sieht sie als Pflicht. Ziviler Ungehorsam zu üben sei für sie ein probates Mittel, aber Gewalt anzuwenden, komme für sie nicht infrage.
Der Einzelrichter in Pruntrut sah in Meijers Aktion nichts Illegales. Während der Urteilseröffnung sagte er, gemäss der Rechtssprechung wäre es sogar erlaubt gewesen, den Asylsuchenden zeitlich begrenzt unterzubringen. Caroline Meijers reagierte erleichtert auf das Urteil.
Die Staatsanwaltschaft blieb dem Strafprozess fern. Sie muss bis nächste Woche entscheiden, ob sie das Urteil an die nächste Instanz weiterzieht.