Es geht um sexuelle Belästigung, sexistische Beleidigungen, Bedrohungen, physische und psychische Gewalt. Dies warfen mehrere aktive und ehemalige Nachwuchs-Skifahrerinnen einem ehemaligen Trainer vor. Diese Woche berichteten unter anderem die «CH-Media»-Titel darüber.
Ende März befand das Schweizer Sportgericht den Mann für schuldig und sperrte ihn für fünf Jahre. Es kam zum Schluss: Der Mann verletzte die psychische und sexuelle Integrität mehrerer Nachwuchsathletinnen.
Juniorinnen zwischen 16 und 18 betroffen
Jetzt zeigen Recherchen des Regionaljournals Graubünden von SRF und von RTR: Der beschuldigte Skitrainer war beim Bündner Skiverband (BSV) tätig. Der BSV ist einer von zwölf Regionalverbänden von Swiss Ski.
2019 begann der Mann dort seine Tätigkeit. Über die folgenden Jahre trainierte er Juniorinnen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. 2023 gelangte eine erste Meldung einer Athletin an die Stiftung Swiss Sport Integrity (SSI).
Die Verstösse in diesem Fall: Der Mann soll den Skifahrerinnen vor dem Start mit einem Schraubenzieher auf das Gesäss geschlagen oder an den Haaren gezogen haben. In einem Fall soll er einer Athletin zwischen die Beine gegriffen und sie so etwa 15 Sekunden lang hochgehoben haben – ohne Einverständnis. Zudem habe er den Athletinnen beim Duschen zugeschaut.
Nach der ersten Meldung folgten weitere. Die erste Sofortmassnahme der SSI: Der Trainer dürfe mit den Juniorinnen nicht mehr alleine unterwegs sein. Der Verhandlung im Januar 2025 blieb er unabgemeldet fern. In Stellungnahmen bestritt er vieles, räumte aber auch einiges ein.
Er war nicht einsichtig, er hatte eine andere Wahrnehmung.
Darüber hinaus gab es Vorwürfe, der Bündner Skiverband habe davon gewusst und nichts dagegen unternommen. Gaudenz Bavier, BSV-Präsident von 2013 bis Mitte 2025, wehrt sich gegenüber SRF, man habe in dieser Situation das Möglichste getan.
«Weil nach dem ersten Jahr des Trainers gewisse Athletinnen zurücktraten, veranlassten wir eine anonyme Befragung unter allen Athleten», sagt Bavier.
«Die Befragung zeigte eindeutig, dass es Probleme gab.» Man habe zuerst mit dem Trainer gesprochen. «Er war nicht einsichtig, hatte eine andere Wahrnehmung.» In einem zweiten Schritt stellte man dem Mann eine Psychologin zur Supervision zur Seite.
Gespräche mit Eltern, Athletinnen und Trainern
Bei ihm habe sich nie jemand persönlich mit Vorwürfen gegen den Trainer gemeldet, sagt Gaudenz Bavier weiter. Der Trainer wurde weiter beschäftigt, er besass einen unbefristeten Vertrag. Es folgten Gespräche mit Eltern, Athletinnen und Trainern.
Er wolle nicht bagatellisieren, sagt Bavier. «Es sind Ausdrücke gefallen, die heute absolut nicht gehen. Sexualisierte Sprache hat im Sport und nirgendwo etwas zu suchen. Da sind Fehler passiert. Das müssen wir eingestehen.»
Verurteilter äussert sich nicht
Gleichzeitig relativiert er zum Beispiel die Vorwürfe mit dem Schraubenzieher: «Das war Usus. Wie ein Ritual. Im Sinne von: ‹Machs gut!›» Der Trainer sei in einer anderen Generation aufgewachsen. Und das Reissen an den Haaren sei ein Zupfen gewesen, «um sie zu motivieren». «Das war einfach blöd und nicht überlegt.» Dies habe man auch angesprochen, mit dem Trainer viele Diskussionen geführt. Doch die Einsicht habe gefehlt.
Der ehemalige Trainer lebt mittlerweile wieder in seiner Heimat ausserhalb der Schweiz. Auf SRF-Anfrage wollte er sich nicht äussern. Für ihn sei der Fall mit dem Entscheid des Sportgerichts abgeschlossen.