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Berater beim NDB Neue Enthüllungen werfen schiefes Licht auf Geheimdienst

Die heimliche Zusammenarbeit von Ex-NDB-Chef Gaudin mit einem Berater war offenbar heikler als bisher bekannt.

«Unter aller Geheimhaltung und Verschwiegenheit» sollte der heute 75-jährige Milizoffizier für den ehemaligen Direktor des Nachrichtendiensts Jean-Philippe Gaudin ein Kontaktnetz aufbauen und Informationen sammeln. So steht es im «Dienstleistungsvertrag», den Gaudin im Frühling 2019 mit dem Zürcher Privatmann klandestin abgeschlossen hatte.

Zwei Jahre lang überwies ihm der Nachrichtendienst jeden Monat 5000 Franken für diese «Beratungstätigkeit».

Der Fall ist viel gravierender

Verteidigungsministerin Viola Amherd erfuhr erst zweieinhalb Jahre nach Vertragsabschluss davon und beauftragte eine Berner Anwaltskanzlei mit einer Untersuchung.

Jean-Philipp Gaudin
Legende: Nachrichtendienstchef Jean-Philippe Gaudin ist nicht mehr im Amt. Er hat seinen Posten als Direktor des Nachrichtendiensts im August 2021 geräumt. Keystone/Peter Klaunzer

Vor zwei Monaten informierte das VBS über das Resultat: Es liege «kein strafrechtlich relevanter Tatbestand» vor, es seien bloss «interne Weisungen über die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen» missachtet worden, so das VBS. Das klang nach einer Bagatelle. Jetzt kommt raus: Der Fall ist viel gravierender.

«Befremden» bei der Aufsicht

Die Aufsicht des Parlaments über den Nachrichtendienst gebraucht in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht deutliche Worte. «Mit Befremden» habe die sechsköpfige Geschäftsprüfungsdelegation zur Kenntnis genommen, dass der private Berater im Auftrag von Direktor Gaudin Beurteilungen von Parlamentsmitgliedern erstellt habe.

Das ist natürlich ganz klar illegal.
Autor: Maya Graf Ständerätin (Grüne/BL)

Ein klarer Verstoss gegen das Nachrichtendienstgesetz, hält die Präsidentin der Delegation, die grüne Baselbieter Ständerätin Maya Graf, fest. So habe die vom ehemaligen NDB-Direktor angestellte Privatperson etwa nach den Wahlen 2019 analysiert, ob Mitglieder des Parlaments ihm gegenüber eher hilfreich oder negativ eingestellt wären. «Das ist natürlich ganz klar illegal», sagt Graf.

Der Nachrichtendienst des Bundes in Bern.
Legende: Bei der heimlichen Zusammenarbeit des früheren Nachrichtendienstchefs Jean-Philippe Gaudin mit einem privaten Berater ist es offenbar zu viel gravierenderen Verstössen gekommen, als es das Verteidigungsdepartement in der Öffentlichkeit dargestellt hat. Keystone/Peter Klaunzer

Denn das Nachrichtendienstgesetz verbietet dem Geheimdienst die Beschaffung oder Bearbeitung von Informationen über politische Tätigkeiten. Zudem kommt mit dem Jahresbericht der Geschäftsprüfungsdelegation ans Licht, dass sich der Berater Gaudins heimlich mit ausländischen Diplomaten und Vertretern internationaler Organisationen getroffen hat.

Gemäss Nachrichtendienstgesetz müsse der Berater deshalb als sogenannte «menschliche Quelle» eingestuft werden, so die Delegation. Quellen aber müssten gemäss der Verordnung zum Nachrichtendienstgesetz einen internen Rekrutierungsprozess durchlaufen, von einem Quellenführer beaufsichtigt werden, und Verteidigungsministerin Amherd müsste jedes Jahr von deren Tätigkeit erfahren.

Nichts davon sei geschehen, sagt Delegationspräsidentin Graf: Der Berater habe zwar wie eine Quelle gearbeitet, sei aber nicht wie eine Quelle geführt worden. «Auch hier wurden Grundsätze nicht eingehalten, welche für die Informationsbeschaffung wichtig und auch gesetzlich vorgegeben sind.»

Stellt sich die Frage, weshalb das VBS in seiner Medienmitteilung vom Dezember kein Wort über all diese Verstösse verloren hat. Das VBS schreibt dazu auf Anfrage: «Wie Sie feststellen können, wurden in unserer Medienmitteilung gar keine Aktivitäten der Person erwähnt. Weder die von ihnen erwähnten, noch andere.»

Parlamentarische Aufsicht will Antworten

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Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL)
Legende: Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) Keystone/Peter Klaunzer

Für das VBS gibt es weiterhin keinen Grund, Anzeige wegen der Verstösse einzureichen, wie es gegenüber Radio SRF festhält. Die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments ihrerseits will die Sache nicht einfach ruhen lassen. Sie möchte wissen, ob es sich beim fragwürdigen Beratervertrag um einen Einzelfall handelt oder ob beim Nachrichtendienst «allenfalls weitere problematische Verträge dieser Art existieren».

Die Delegation hat die Eidgenössische Finanzkontrolle einschalten lassen, die alle bestehenden Verträge unter die Lupe nehmen soll, wie Präsidentin Graf bekanntgibt: «Sie lässt jetzt auch von der Eidgenössischen Finanzkontrolle abklären, ob diese Verträge des Nachrichtendienstes den Vorgaben des Bundes generell entsprechen.» Der Prüfbericht der Finanzkontrolle soll bis Ende Oktober vorliegen.

Info 3, 27.01.2023, 17 Uhr

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