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Beschaffung der F-35-Kampfjets USA: Keine garantierten Preisangebote bei Rüstungsgeschäften

Die Frage nach den Festpreisen ist zentral beim Kauf des F-35. Es stellt sich die Frage, wer die finanziellen Risiken trägt, sollten Kauf und Betrieb teurer werden als offeriert. Nun sagen Experten aus den USA, die US-Regierung könne gar keine Fixpreise anbieten.

Die Kanzlei Covington, die auch im Rüstungssektor tätig ist, gehört zu den grossen und bekannten Anwaltskanzleien in den USA. Sie vertritt Rüstungsfirmen vor Gericht und bietet Beratungen für Rüstungsexporte nach US-amerikanischem Recht an. Die Anwälte von Covington wollen sich zwar nicht spezifisch zum Geschäft mit der Schweiz äussern, aber sie sind bereit, grundsätzliche Fragen schriftlich zu beantworten.

EFK und VBS sind uneins: Die Vorgeschichte

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Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat vorletzte Woche Zweifel am Fixpreis für den neuen F-35-Kampfjet geäussert. In ihrem Bericht zum Risikomanagement beim Kauf des Fliegers kommt sie zum Schluss, dass es für einen festen Preis keine Rechtssicherheit gebe.

Der Ansicht widerspricht das Verteidigungsdepartement (VBS) vehement und kritisiert sogar, die Finanzkontrolle gefährde mit dieser Aussage die Sicherheit der Schweiz.

Deshalb ganz grundsätzlich gefragt: Kann die US-Regierung einer Partnerregierung Festpreise offerieren? Fred Levy, Partner bei Covington, und Noree Lee, Sonderberater, antworten: Die US-Regierung kenne beim Abschluss des Vertrages noch nicht die definitiven Preise:

Da die US-Regierung die Beschaffung durchführt, nachdem die beiden Länder einen Vertrag abgeschlossen haben, verfügt diese zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht über die endgültige Preisgestaltung. Die US-Regierung gibt kein festes, garantiertes Preisangebot als Teil des Vertragspreises ab.
Autor: Experten der Covington-Kanzlei

Also keine garantierten Festpreise in der Offerte und im Vertrag. Die Anwälte erklären dies mit dem Ablauf eines zwischenstaatlichen Rüstungsgeschäfts. Ein Rüstungsgeschäft mit den USA basiere auf zwei Verträgen. Zum einen sei da die Offerte und der Vertrag zwischen den beiden Regierungen. Hier, sagen die Anwälte, basieren die Preise auf Schätzungen. Erst danach folge in einem zweiten Schritt ein weiterer Vertrag, ausgehandelt zwischen der US-Regierung und der Rüstungsfirma, die das Waffensystem produziert.

Anpassung an Teuerung möglich

Dazu schreiben Lee und Levy: «Die endgültige Preisgestaltung wird erst festgelegt, wenn der Vertrag zwischen der US-Regierung und dem US-Rüstungsunternehmen vollständig ausgehandelt ist.» Der Preis steht also erst fest, wenn der zweite Vertrag definitiv ist. Das kann dann ein Festpreisvertrag sein. Aber auch hier könnte es dereinst noch eine Unsicherheit geben. Jüngst hat das US-Verteidigungsministerium ein Memorandum veröffentlicht. Darin erklärt die US-Regierung, dass künftig Festpreisverträge mit einer Klausel ergänzt werden können.

Diese Klausel soll es möglich machen, die Preise in den Festpreisverträgen mehr oder weniger automatisch an die Teuerung anzupassen. Nach diesem Verständnis kennt die Schweiz den definitiven Preis für die 36 F-35 erst, wenn in ein paar Monaten oder Jahren die US-Regierung die Festpreisverträge ausgehandelt hat. Im schlimmsten Fall gar erst, wenn die Rechnungen eintreffen.

Armasuisse nimmt Stellung

SRF hat das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) um eine Stellungnahme gebeten. Dieses verweist in einem schriftlichen Statement auf die publizierten Stellungnahmen zum Finanzkontrollbericht. Das Verteidigungsdepartement (VBS) hielt damals fest, es habe Garantien erhalten, wonach die Preise in den Offerten auch den Preisen in den Festpreisverträgen entsprechen würden. Zitat:

Die USA und die Schweiz haben für die Beschaffung der F-35A eine spezifische Klausel ausgehandelt und zudem noch eine separate Erklärung unterschrieben, welche den Festpreischarakter festhält.
Autor: Stellungnahme des VBS

Die Schweiz erhalte zudem auch Einblick in diese Verträge und verfüge über eine hohe Kostensicherheit und -transparenz.

Zum Memorandum der US-Regierung schreibt die Armasuisse, dieses enthalte nichts Neues. Es rufe in Erinnerung, wie mit der schwankenden Inflation bei längerfristigen Verträgen umgegangen werden soll. Das VBS ist davon überzeugt: «Die US-Regierung steht auch im derzeitigen Wirtschaftsklima hinter ihrem Angebot an die Schweiz.»

Jetzt können eigentlich nur noch die USA selbst für Klarheit sorgen. Die US-Botschaft in Bern schreibt dazu: «Laut dem zwischen den beiden Regierungen ausgehandelten Vertrag kauft die US-Regierung das Produkt vom Hersteller im Rahmen eines Festpreisvertrages, der auch die Inflation berücksichtigt und verkauft es zum gleichen Preis an die Schweiz weiter.»

Keine weiteren Details

Die US-Regierung verweist hier auf den zweiten Teil des Geschäfts, den Festpreisverträgen, die noch ausgehandelt werden müssen. SRF hat sowohl bei der US-Botschaft wie direkt beim US-Verteidigungsministerium in Washington nachgehakt, ob denn schon verbindliche Festpreisverträge vorliegen würden für die Schweizer F-35. Die Antwort lautet: «Zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine weiteren Einzelheiten bekannt geben.»

Auch die US-Regierung kann oder will hier nicht Klarheit schaffen. Mit ihren grundsätzlichen Überlegungen bestätigen die US-Anwälte aber die skeptische Sicht der Finanzkontrolle, wonach die Schweiz wohl keine Festpreise von den USA erhalten habe.

Ergänzung mit Stellungnahme Armasuisse

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Bei der Publikation dieses Artikels lag noch keine Stellungnahme von Armasuisse vor. Radio SRF hatte das Bundesamt für Rüstung am Montag um eine gebeten. Nach dem Eintreffen wurde der Text entsprechend ergänzt.

Rendez-vous, 19.07.2022, 12:30 Uhr

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