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Schweizer Firmen unter Druck Kampfjet-Entscheid blockiert Verhandlungen am Euroairport

Am Basler Flughafen, der vollständig in Frankreich liegt, wollen Schweizer Firmen wie bisher Schweizer Arbeitsrecht anwenden. Darum braucht es einen Staatsvertrag. Doch weil der Bund den US-Kampfjet F-35 kaufen will statt den französischen Rafale, hat Paris die Gespräche mit Bern eingefroren.

Seit zwei Jahren herrscht grosse Unruhe bei den Schweizer Firmen, die am Euroairport geschäften. 2020 hat das oberste französische Gericht entschieden, dass für sie französisches Arbeitsrecht gilt und nicht das schweizerische, dass die Firmen bislang angewendet hatten. Denn der Basler Flughafen liegt vollständig auf französischem Boden.

Einziger binationale Flughafen der Welt

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Euroairport bei Basel
Legende: Schweizer Flughafen in Frankreich: Das einzigartige Konstrukt sorgt immer wieder für Konflikte. Reuters

Weil Basel zu wenig Land hat, wurde 1949 der Flughafen zusammen mit Frankreich auf französischem Boden gebaut, direkt vor der Stadt. So gibt es auch heute noch einen Schweizer und einen französischen Sektor, samt Zollübergang. Der Euroaiport gilt darum als der einzige binationale Flughafen der Welt. Der Verwaltungsrat etwa besteht paritätisch aus acht französischen und acht Schweizer Mitgliedern.

Von den rund 6000 Angestellten auf dem Euroairport werden 4000 von Schweizer Firmen beschäftigt. Darunter sind der Abfertiger Swissport (rund 580 Personen) sowie die beiden Wartungsfirmen Jet Aviation (rund 1000 Personen) und Amac Aerospace (rund 800 Personen), die auch Flieger von Reichen in Luxus-Jets umbauen. Dabei greifen die Schweizer Firmen auf viel Franzosen zurück, also quasi auf Grenzgänger. Sie machen etwa drei Viertel des Personals aus und haben alle Schweizer Arbeitsverträge.

Das Urteil ausgelöst, haben vier ehemalige französische Angestellte, die für den Abfertiger Swissport tätig waren. Sie wollten ihre Kündigung nicht akzeptieren und zogen Swissport vor ein französisches Gericht – trotz Schweizer Arbeitsvertrag.

Kündigung von Personal ist problematisch

Der Grund: Arbeitnehmende sind in Frankreich besser geschützt und erhalten bei Kündigungen höhere Entschädigungen. Auch darum wehren sich die Schweizer Firmen vehement dagegen, französischem Recht zu unterstehen. Ihr Argument: Als Schweizer Firmen, die auf dem Schweizer Sektor des Flughafens tätig sind, sollen sie auch Schweizer Arbeitsrecht unterstellt sein.

Mehr Arbeit, weniger Ferien, dafür mehr Lohn

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Die französischen Angestellten, der Schweizer Firmen auf dem Euroairport, profitieren in einem Punkt massiv davon, dass sie Schweizer Arbeitsverträge haben: Sie erhalten auch Schweizer Löhne oder zumindest solche, die deutlich höher sind als französische Löhne – teilweise bis um ein Drei- bis Vierfaches.

Aus Sicht der Unternehmen hat das Schweizer Arbeitsrecht dafür einige entscheidende Vorteile gegenüber dem französischen: Die Wochenarbeitszeit beträgt 42 statt 35 Stunden, es gibt nur 4 statt 6 Wochen Ferien, das Rentenalter beginnt erst mit 65/64 Jahren statt schon mit 62 und dem Personal kann vor allem viel einfacher gekündigt werden, mit viel tieferen Kostenfolgen.

Doch das ist gemäss Gerichtsentscheid eigentlich gar nicht erlaubt. Diese Rechtsunsicherheit, die etwa bei Stellenstreichungen hohe finanzielle Folgen haben kann, wollen die Firmen beseitigen. Darum hoffen sie auf einen Staatsvertrag zwischen Frankreich und der Schweiz. Er soll regeln, dass offiziell Schweizer Arbeitsrecht gilt, allenfalls mit Anpassungen.

Staatsvertrag soll Problem lösen

Allerdings muss ein solcher Staatsvertrag auf der obersten Ebene zwischen Paris und Bern ausgehandelt werden. Und hier spielt der Kampfjet-Entscheid des Bundes eine entscheidende Rolle. Denn bis zu diesem Entscheid waren die Gespräche für einen Staatsvertrag für den Euroairport auf gutem Weg. Seither geht praktisch nichts mehr.

Das bestätigt Olivier Becht gegenüber SRF. Der Abgeordnete der französischen Nationalversammlung aus Mulhouse sagt: «Wir standen letztes Jahr kurz vor einem Abschluss. Aber dann hat sich die Schweiz leider für die amerikanische F-35 entschieden und gegen den französischen Rafale. Das hat die laufenden Gespräche blockiert. Heute sind wir dabei, diese Blockade zu überwinden.»

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) schreibt auf Anfrage nur, dass es über den Stand der Gespräche keine Auskunft gibt.

«Accord de méthode»: Ein Abkommen, das nicht gilt

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Schon lange ist klar, dass die auf dem Euroairport geltenden Schweizer Arbeitsverträge problematisch sind. Darum wurde 2012 ein «Accord de méthod» geschaffen, damit die Schweizer Firmen im Schweizer Sektor auch Schweizer Recht anwenden können. Die Vereinbarung wurde von Ministern beider Länder unterzeichnet. Das allerdings sei nicht rechtens, befand das oberste französische Gericht. Das Problem: Eine arbeitsrechtliche Regelung und damit eine gesetzliche Anpassung darf nur vom Parlament verändert werden. Darum braucht es einen vom Parlament abgesegneten Staatsvertrag.

Bereits 2017 haben Frankreich und die Schweiz einen Staatsvertrag für den Euroairport unterzeichnet. Jedoch ging es damals um die Besteuerung der Schweizer Firmen. Denn Frankreich wollte auch von deren Gewinnen profitieren und nicht einfach leer ausgehen. Schliesslich wirtschaften die Firmen auf französischem Boden. Mit dem Staatsvertrag wurde dieser Streit beigelegt, indem nun ein Teil der Steuern der Schweizer Firmen nach Frankreich fliesst.

Die Verstimmung Frankreichs erklärt sich mit der Enthüllung, dass der Bundesrat wohl zu grosse Hoffnungen auf einen Rafale-Kauf gemacht hat. Darunter leiden nun die Schweizer Firmen am Euroairport. So zeigen Recherchen von SRF, dass Anfang Juni ein französisches Gericht Swissport wieder zu einer höheren Entschädigungszahlung an eine gekündigte Person verpflichtet hat. Swissport bestätigt dies.

Und bei der aktuellen Massenentlassung von Jet Aviation, einer anderen Schweizer Firma am Euroairport, gibt es ebenfalls Probleme. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen gekündigten Angestellten und dem Unternehmen, wie mehrere Quellen bestätigen. Das Ziel von Jet Aviation dürfte sein, mit einem Vergleich den Gang vor den französischen Richter zu vermeiden, der noch teurer wäre und Nachahmer animieren dürfte.

Schweiz aktuell, 15.07.2022, 19:00 Uhr

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