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Beschaffung von Gasreserven Weko: «Branche wollte Kartellrecht von vornherein ausschliessen»

Den Vorwurf, die Wettbewerbskommission habe die Beschaffung von Gas behindert, weist diese zurück.

Der Auftrag war klar: Bereits im März hat der Bundesrat die Gasbranche dazu verpflichtet, Gasreserven im Ausland zu beschaffen. Und klar war auch, dass es für diese Beschaffung Absprachen braucht. Deshalb versprach der Bundesrat der Branche, dass diese Absprachen kartellrechtlich keine Konsequenzen haben sollen. Doch trotz der bundesrätlichen Versicherung hat die Gasbranche die geforderten Gasmengen bis heute nicht vollständig beschafft.

Das Problem liegt aus meiner Sicht auch beim Verhalten der Weko.
Autor: Martin Schmid FDP-Ständerat (GR), Präsident des Verbands der Schw. Gasindustrie

Zwischen der Gasbranche und der Kartellbehörde Wettbewerbskommission (Weko) ist ein Streit entbrannt. In einem Interview mit Radio SRF warf Gas-Verbandspräsident Martin Schmid der Weko am Donnerstag vor, für die verspätete Gasbeschaffung verantwortlich zu sein. «Das Problem liegt aus meiner Sicht auch beim Verhalten der Weko. Sie hat diese Krisensituation nicht so antizipiert, dass sie schon von Anfang an grünes Licht für diese Beschaffung gegeben hat.»

Weko: «Stimmt nicht»

Konkret wirft Schmid der Behörde vor, sie habe genau das nicht eingehalten, was der Bundesrat in Aussicht gestellt habe. Nämlich, dass das Wettbewerbsrecht bei der Gasbeschaffung nicht angewendet werde. Doch wenn die Behauptung des Bündner Politikers und Gas-Verbandspräsidenten stimmt, dann ist die Wettbewerbsbehörde schuld daran, dass sich die Gasbeschaffung verzögert und verteuert.

Die Weko hat bereits zu Beginn klargemacht, dass man bei der Beschaffung pragmatisch ist.
Autor: Carole Söhner Vizedirektorin im Sekretariat der Wettbewerbskommission

«Nein, das stimmt nicht», sagt Carole Söhner. Sie ist Vizedirektorin im Sekretariat der Wettbewerbskommission und leitet den Bereich Infrastruktur, der sich mit Energiefragen beschäftigt. «Die Weko hat bereits zu Beginn klargemacht, dass man bei der Beschaffung pragmatisch ist. Und dass man Missbräuche später beim Verkauf nicht toleriert.»

Das Kartellrecht gilt. Es wird in einer Krise nicht ausser Kraft gesetzt.
Autor: Carole Söhner Vizedirektorin im Sekretariat der Wettbewerbskommission

Will heissen, nicht der Kauf des Gases ist kartellrechtlich heikel, sondern der Verkauf. Mit dieser Differenzierung sollte verhindert werden, dass es «Kriegsgewinner» gibt, die eine allfällige Mangellage auf dem Gasmarkt mit überhöhten Preisen ausnützen. Söhner ortet den Grund für den Streit mit der Gasbranche an einer anderen Stelle. Die Gasvertreter hätten eine Garantie verlangt, dass das Kartellrecht nicht zur Anwendung komme. Doch eine solche Garantie könne die Weko nicht abgeben. «Das Kartellrecht gilt. Es wird in einer Krise nicht ausser Kraft gesetzt. Im Gegenteil, das Kartellgesetz stellt sicher, dass in einer solchen Krise nicht Missbräuche betrieben werden.»

Söhner spielt den Ball damit zurück an den Gasverband. Konfrontiert mit den Äusserungen der Weko bleibt Martin Schmid bei seiner Kritik, dass die Behörde mit ihrem formaljuristischen Verhalten die Gasbeschaffung verzögert und verteuert habe.

Echo der Zeit, 15.07.2022, 18:00 Uhr

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