Corona reisst Löcher in die Kassen, auch in jene der Kantone. Mit einer halben Milliarde Franken minus rechnet etwa Zürich für nächstes Jahr – nach Jahren mit Überschüssen.
Der Zürcher SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker hat daher eine Idee: «Wenn wir alle diese Löcher stopfen wollen, wird wahrscheinlich eine befristete Mehrwertsteuererhöhung ein Mittel sein können, mit dem wir uns wieder in die alten Bahnen zurückbringen.»
Befristet ein paar Zehntel-Prozentpunkte mehr Mehrwertsteuer – und ein Teil der Einnahmen daraus an die Kantone. Stocker betont: Das sei seine eigene Idee, nicht etwa die Position der Finanzdirektorenkonferenz. Seine Überlegung: Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer nähmen nach der Krise schnell wieder zu.
Davon profitiere aber allein der Bund. Für die Kantone hingegen wichtig seien Steuereinnahmen von Unternehmen, den juristischen Personen. «Bei der Besteuerung der juristischen Personen haben wir die Nachträge aus den Unternehmensverlusten. Und die wirken einige Jahre nach.»
Das heisst: Weil Unternehmen ihre Verluste aus der Coronakrise noch über mehrere Jahre von der Steuer abziehen könnten, hätten Kantone auch noch lange an Mindereinnahmen zu beissen.
Finanzminister Maurer wenig begeistert
Auf Granit beisst Stocker mit dieser Argumentation allerdings beim obersten Kassenwart des Bundes, bei Finanzminister Ueli Maurer. «Der Bund verschuldet sich jetzt in der Coronakrise fast bis zur Hälfte seiner Steuereinkünfte in einem normalen Jahr – also weit mehr als die Kantone, die hier sehr, sehr zurückhaltend sind.»
Eine Mehrwertsteuererhöhung für die Kantone – diesen Vorschlag finde er schon ganz grundsätzlich nicht richtig. «Wir müssen eher in die Richtung gehen, dass der Bund die indirekten Steuern einzieht und die Kantone die direkten Steuern, also Einkommens- und Vermögenssteuern. Wenn schon, müsste man eine Verschiebung in diese Richtung machen.»
Indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer also für den Bund – dafür mehr direkte Steuern wie Einkommens- oder Gewinnsteuer für die Kantone. Der Bund hätte dann weniger, die Kantone mehr Geld zur Verfügung. Sie müssten dann aber auch zusätzliche Aufgaben übernehmen. Über neue Aufgabenteilungen diskutieren Bund und Kantone seit Längerem – die Mehrwertsteuer spielt dort keine Rolle.
Aber auch im Parlament hat Stocker einen schweren Stand mit seiner Idee. Sein Parteikollege, SVP-Nationalrat Lars Guggisberg, kommentiert: «Das ist eine kreative Idee. Allerdings sind die Coronaschulden, die wir jetzt anhäufen, nicht über erhöhte Einnahmen abzubauen, sondern über eine Konsolidierung der Budgets bei den Ausgaben.»
In der Mitte-Fraktion gibt Nationalrat Leo Müller zu bedenken: Der Bundesrat setze schon für Sozialwerke wie die AHV auf die Mehrwertsteuer. «Dort werden wir die Mehrwertsteuer erhöhen müssen, um diese Werke finanzieren zu können. Im Moment hat der Bund zwar grosse Ausgaben beschlossen, aber es ist nicht derart dramatisch, dass wir auf solche Notmassnahmen zurückgreifen müssten.»
Einen Korb erhält der oberste kantonale Finanzdirektor auch von links: Auch SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi hält nichts von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. «Damit werden vor allem die Kleinverdienerinnen und -verdiener zusätzlich belastet, die jetzt schon in der Krise mit tieferen Einkommen stark belastet sind. Das wollen wir auf keinen Fall.»