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Beznau vor Hitze-Abschaltung Axpo will AKW Beznau bei Hitze länger am Netz behalten

Beznau muss voraussichtlich am Mittwoch wegen der Hitze vom Netz. Der Betreiberin Axpo gehen die Hitze-Regeln zu weit.

Worum geht es? Der Stromkonzern Axpo hat die Leistung des Kernkraftwerks Beznau am Sonntag auf die Hälfte heruntergefahren. Die Axpo befolgt damit Vorschriften zum Schutz von Fischen und anderen Lebewesen in der Aare. Denn das AKW wird mit Wasser aus der Aare gekühlt - das Kühlwasser erwärmt den Fluss zusätzlich. Am Sonntag überschritt die Aare die maximal erlaubte Temperatur von 25 Grad. Die Drosselung war der erste Schritt. Voraussichtlich am Mittwoch muss Beznau ganz herunterfahren: Gemäss den geltenden Vorschriften muss Beznau nämlich vom Netz, wenn die Aare drei Tage in Folge wärmer als 25 Grad ist. «Wir bereiten uns auf eine mögliche Abschaltung bereits vor», sagt Axpo-Sprecher Christoph Trösch. Aus Sicht der Axpo sind die Vorschriften allerdings zu streng – der Staatskonzern kämpft seit mehreren Jahren für eine Lockerung.

Das Kernkraftwerk Beznau und die Aare
Legende: Das Kühlwasser des Kernkraftwerks Beznau erwärmt die Aare – Umweltschützer sehen den Forellen- und Äschen-Bestand gefährdet. Keystone / GAETAN BALLY

Welche Regeln will die Axpo lockern? In einer Eingabe an das Bundesamt für Energie vom Herbst 2023 beantragt die Axpo, dass die Temperatur anders gemessen werden soll: So soll die Aare künftig während mindestens fünf Stunden pro Tag über 25 Grad liegen müssen. Heute genügt eine einmalige Überschreitung. Weiter will die Axpo das Kühlwasser mit 33 statt 32 Grad in die Aare leiten dürfen. «Dank der Änderungen, die wir beantragen, müssten wir im Sommer später und seltener vollständig abschalten als heute», sagt Sprecher Trösch.

Tote Fische werden aus einem Eimer in einen Container gekippt
Legende: Aeschen reagieren besonders sensibel auf Hitze: Hier werden im Hitzesommer 2018 tote Fische am Rhein bei Neuhausen entsorgt. Keystone / MELANIE DUCHENE

Gefährdet das die Fische? Mehrere Umweltverbände und der Schweizerische Fischereiverband haben Einsprache erhoben gegen die Vorschläge der Axpo. Sie sehen Forellen und Aeschen in Gefahr: «Aeschen sind sehr stark gefährdet in der Schweiz», sagt der Geschäftsführer des Fischereiverbands, David Bittner. Die Axpo hält entgegen: Es gebe keine Hinweise auf ein Fischsterben oder andere negative Auswirkungen. Das Kühlwasser erwärme die Aare im Durchschnitt nur um 0,8 Grad und unter extremsten Hitzebedingungen um höchstens 1,3 Grad. Flussabwärts, nach der Mündung in den Rhein, sind es laut Axpo durchschnittlich noch 0,4 Grad. David Bittner vom Fischereiverband entgegnet, dass Forellen und Äschen bereits ab 22 Grad unter erhöhtem Stress seien: «Die Fische haben einen Toleranzbereich. Wenn die Grenze überschritten ist, können sie sterben.» Jedes Zehntelgrad spiele somit eine Rolle.

Auch Frankreich drosselt AKW-Produktion

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Der staatliche Stromkonzern EDF hat das Kernkraftwerk Golfech im Süden des Landes heruntergefahren. Dies sei am späten Sonntagabend geschehen, um ein Aufheizen des Flusses Garonne zu verhindern, aus dem das Kraftwerk sein Kühlwasser bezieht, teilte EDF mit. Wie lange das Kraftwerk ausgeschaltet bleibt, teilte EDF nicht mit. Die Hitzewelle in Frankreich mit Temperaturen bis zu 40 Grad soll noch bis Mitte der Woche dauern.

Ebenfalls am Sonntag wurde die Leistung des westfranzösischen Atomkraftwerks Blayais reduziert, um ein Aufheizen der Mündung der Gironde zu verhindern. Für das im Süden gelegene AKW Bugey, das sein Kühlwasser aus der Rhône bezieht, wurde ein Herunterfahren ins Auge gefasst.

Kaum Auswirkungen auf Stromproduktion

Wie EDF mitteilte, sind die Auswirkungen der Massnahmen auf die Stromproduktion vernachlässigbar. Das Drosseln oder Herunterfahren von Atomkraftwerken während Hitzeperioden hat demnach seit dem Jahr 2000 die jährliche Stromproduktion durchschnittlich um nur 0,3 Prozent reduziert.

Wie steht es um die Versorgungssicherheit? Die Axpo führt die Versorgungssicherheit als Argument an für eine Lockerung. Wenn Beznau gedrosselt oder abgeschaltet werden müsse, so das Argument, dann brauche es mehr Strom aus Stauseen. Das so verbrauchte Wasser fehle im Winter. Der Bund kann je nach Versorgungslage trotz zu hoher Temperaturen einen Weiterbetrieb erlauben. Dies geschah letztmals im Sommer 2022. Derzeit aber spreche nichts gegen eine Drosselung oder Abschaltung von Beznau, schreibt die Elektrizitätskommission (Elcom).

Wie häufig muss Beznau drosseln? Letztmals musste die Axpo den Betrieb in Beznau vor drei Jahren drosseln. Zur bislang längsten Reduktion kam es mit 50 Tagen im Hitzesommer 2003. Der Axpo entstehen jeweils Einnahmeausfälle und Kosten: Der Konzern muss den fehlenden Strom mit anderen Kraftwerken kompensieren oder auf dem freien Markt einkaufen. Nicht betroffen sind die AKW Gösgen und Leibstadt: Sie verfügen über Kühltürme und leiten kein Kühlwasser zurück in die Flüsse.

Wann fällt der Entscheid über eine Lockerung? Das Bundesamt für Energie will die künftigen Regeln bis Ende Jahr festlegen.

SRF 4 News, 30.06.2025, 11:00 Uhr; noes

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