Zum Inhalt springen

Bilanz nach 20 Jahren Personenfreizügigkeit macht sich auch im Portemonnaie bemerkbar

Auch bezüglich ihrer Ausbildung hat die Bevölkerung von der Personenfreizügigkeit profitiert, wie das Bundesamt für Wirtschaft mitteilt.

Zur Personenfreizügigkeit mit der EU gibt es wahrlich unterschiedliche Meinungen, aber eine Tatsache lässt sich nicht abstreiten: Wegen der Zuwanderung aus Europa ist die Schweiz in den letzten 20 Jahren stark gewachsen.

Nicht nur die Bevölkerung, auch die Wirtschaft – und beides stehe in einem Zusammenhang. Dies betonte das Bundesamt für Wirtschaft (Seco) am Dienstag, als es den Bericht des «Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz – EU» präsentierte.

Höhere Löhne und bessere Ausbildung

Im Schnitt wuchs das Bruttoinlandprodukt seit 2002 jährlich um 1.8 Prozent. Im internationalen Vergleich sei das ein hoher Wert, sagte Helene Budliger Artieda, Direktorin des Seco, und wies darauf hin, dass dieses Wirtschaftswachstum auch bei der Schweizer Bevölkerung angekommen sei. Die Reallöhne der Schweizerinnen und Schweizer seien in dieser Zeitspanne nämlich im Schnitt jährlich um 0.5 Prozent gestiegen.

Aber nicht nur im Portemonnaie habe die Bevölkerung profitiert, sondern auch bezüglich ihrer Ausbildung. Da sich die Erwerbstätigkeit in der Schweiz hin zu wertschöpfungsintensiveren Tätigkeiten verlagerte – unterstützt durch die Zuwanderung von spezialisierten Fachkräften –  hätten sich für viele einheimische Arbeitskräfte Chancen zur Veränderung und zum beruflichen Aufstieg eröffnet.

Menschenmenge.
Legende: Beim mittleren Bevölkerungswachstums-Szenario des Seco würden 2040 zehn Millionen Menschen in der Schweiz leben. Keystone/Christian Beutler

Im Schnitt sei die Schweizer Bevölkerung heute deutlich besser qualifiziert und übe anspruchsvollere Tätigkeiten aus als noch vor 20 Jahren, schreibt das Seco in seinem Bericht.

Entlastung bei der AHV

Im Schnitt wanderten seit 2002 jährlich rund 43'000 Menschen aus der EU in die Schweiz ein, davon rund 70 Prozent einzig aus vier Ländern; aus Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal. Bei ihrer Einreise sind diese Menschen im Schnitt 30 Jahre alt.

Dass es vor allem junge Arbeitskräfte sind, welche in die Schweiz kommen, habe die demografische Alterung im Vergleich zu vielen anderen Ländern massgeblich gedämpft, führte Boris Zürcher aus, der Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco. Dies habe unter anderem dazu geführt, dass die Finanzierungslast der AHV vorerst breiter verteilt werden konnte.

Arbeitgeberverband hält wenig von SVP-Initiative

Wie geht es nun weiter? Das Seco hat für das Bevölkerungswachstum mehrere Szenarien vorgelegt, wobei alle Szenarien davon ausgehen, dass die Wohnbevölkerung jährlich zunehmen wird. Beim mittleren Szenario des Seco würden 2040 zehn Millionen Menschen in der Schweiz leben.

Dies verhindern will die sogenannte «Nachhaltigkeitsinitiative» der SVP; welche die Partei just am Dienstag offiziell lanciert hat. Bis 2050 sollen in der Schweiz nicht mehr als zehn Millionen Menschen wohnen, das will die SVP in der Verfassung verankern.

Roland Müller, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, hält wenig von solchen zahlenmässigen Beschränkungen. «Wenn wir die Arbeitskräfte nicht mehr bekommen, um die von der Wirtschaft nachgefragten Stellen zu besetzen, dann geht die Produktivität zurück, was sich auf den Wohlstand und die Lebensqualität auswirken wird.»

Tagesschau, 04.07.2023, 12:45 Uhr

Meistgelesene Artikel