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Biodiversität Mit einer Wespe gegen die invasive Kirschessigfliege

Die Kirschessigfliege ist verheerend im Beeren-, Stein- und Obstbau. Nun soll sie einen Gegenspieler bekommen.

Sie mögen, was wir auch mögen: Himbeeren, Erdbeeren  – und vor allem Kirschen. Seit die Kirschessigfliege 2011 auch in die Schweiz eingeschleppt wurde, beklagen Obstbäuerinnen und Bauern Einkommensverluste von gegen 30 Prozent.

Am schlimmsten betroffen sind Landwirtinnen und -wirte, die Hochstamm-Obstbäume haben. Denn die kann man nicht mit feinen Fliegenschutzgittern umspannen. Entsprechend oft komme es zum Totalverlust bei den Kirschen, sagt Lukas Seehausen, Fruchtfliegenspezialist am Forschungsinstitut Cabi im jurassischen Delsberg.

Eine Kirschessigfliege sitzt auf einer Traube.
Legende: Eine Kirschessigfliege, auf einer Traube sitzend. KEYSTONE/DPA/Fredrik von Erichsen

«Die Hochstamm-Obstbauern sind mittlerweile so weit, dass sie aufgeben möchten», so Seehausen. Bei ihnen gehe es darum, darüber nachzudenken, solche Hochstammbäume abzusägen.

Schlecht für die Biodiversität

Dies wäre für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten ein herber Verlust. Denn Streuobstwiesen mit Hochstamm-Obstbäumen sind ein unterdessen seltener Lebensraum.

Die Kirschessigfliege ist deshalb so schädlich, weil sie etwas kann, was andere nicht können. Wie Seehausen erklärt, ist sie eine Fliege, die durch die Haut von frischen Früchten Eier ablegen kann.

Heraus kommt am Ende nicht die Fliege, sondern die Schlupfwespe.
Autor: Lukas Seehausen Fruchtfliegenspezialist

Das können die einheimischen Fruchtfliegen nicht. So können also in reifen Kirschen oder Himbeeren bereits grosse Fliegenmaden schlemmen.

Der Kampf der Eingeschleppten

Um das zu ändern, setzt Seehausen den Gegenspieler der Kirschessigfliegen – mit behördlicher Bewilligung importiert aus Asien – aus. Es handelt sich um winzige Schlupfwespen, 1.5 Millimeter gross.

Diese Wespenart legt ihre Eier ebenfalls durch die Haut der Früchte – und weiter in die Larven der Kirschessigfliegen: «Dann entwickelt sich die Larve dieser Schlupfwespe in der Larve der Kirschessigfliege. Und heraus kommt am Ende nicht die Fliege, sondern die Schlupfwespe», erklärt Seehausen.

Invasive Arten: Die Bedrohung ist global

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Die Kirschessigfliege ist nicht die einzige invasive Art, die global Probleme macht. Ein neuer Bericht des Weltbiodiversitätsrates zeigt, dass invasive Arten überall auf der Welt zunehmen. Aktuell wisse man global von etwa 200 Arten, die jedes Jahr neu hinzukommen würden, sagt Hanno Seebens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main. Insgesamt macht das bis heute über 37’000 Arten, die an einem Ort leben, wo sie eigentlich nicht heimisch sind.

Diese Zahl dürfte auch in Zukunft weiter steigen, so Seebens. Denn die Triebkräfte für die Ausbreitung seien bekannt: Das sind beispielsweise der internationale Handel, aber auch private Flugreisen oder der Klimawandel. «Alle diese Prozesse nehmen immer weiter zu und haben sich intensiviert», sagt Seebens. «Und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es sich in den nächsten Jahrzehnten nicht auch so entwickeln sollte.»

Freisetzungen solcher Schlupfwespen in Kanada und Italien stimmten optimistisch, sagt der Fruchtfliegenspezialist weiter. Die Zahl der Kirschessigfliegen werde so reduziert – wie schnell und wie stark genau, ist noch offen.

Könnte Schlupfwespe Probleme machen?

Doch ergibt es wirklich Sinn, invasive Arten mit weiteren eingeführten Arten zu bekämpfen? Könnte nicht die neu eingeführte Schlupfwespe wieder anderen Arten Probleme machen? Genau das hat Seehausen untersucht. Man könne es nicht hundertprozentig ausschliessen, aber: «Durch die Tests, die wir gemacht haben, können wir das quasi zu 99 Prozent ausschliessen.»

Die Forscher haben nämlich getestet, ob die Schlupfwespen aus Asien auch einheimische Fruchtfliegen schädigen. Das taten sie nicht – vorerst zumindest. Denn mit Sicherheit und abschliessend klären lässt sich das wohl erst viel später.

Echo der Zeit, 4.9.2023, 18:00 Uhr

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