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Schweiz Bodluv-Debakel: Bundesrat Parmelin in schlechtem Licht

Mit dem Bericht der Untersuchungskommission sah sich Verteidigungsminister Guy Parmelin bestätigt: Zurecht habe er die Anschaffung der bodengestützten Luftabwehr sistiert – denn er sei zu spät informiert worden. Doch der Bericht lässt Zweifel an der Version des Bundesrats aufkommen.

Bundesrat Guy Parmelin ist erbost. Er habe zum Projekt Bodluv aus seinem Departement nicht alle nötigen Informationen erhalten, kritisierte der Verteidigungsminister gestern: «Es wurden Entscheide getroffen und mir gegenüber nicht kommuniziert. Es kann nicht sein, dass wir dann Unsicherheiten feststellen müssen bei einem Projekt, das Hunderte Millionen kostet.»

Philipp Burkhardt

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Burkhardt ist Leiter der Bundeshausredaktion von Radio SRF, für das er seit 15 Jahren tätig ist. Davor hatte er unter anderem für «10vor10» und die «SonntagsZeitung» gearbeitet.

Dieser heftige Vorwurf richtet sich unter anderem an Luftwaffenchef Aldo Schellenberg. Er soll nach Ansicht von Bundesrat Parmelin wesentliche Informationen zurückgehalten haben.

Die Chronologie der Ereignisse

Doch der Reihe nach: Am 18. Januar dieses Jahres informierte VBS-Chef Parmelin sein Departement in einer E-Mail, es dürften keine grundsätzlichen Entscheide in Beschaffungsprojekten mehr gefällt werden, ohne dass diese vorab mit ihm besprochen würden. Einen Tag danach, am 19. Januar, traf sich die Aufsicht über das Projekt Bodluv zu einer Sitzung.

In diesem Rahmen wurde entschieden, statt einer Lenkwaffe gleich zwei zu beschaffen. Nur diese «Zwillingsvariante» erfülle die Anforderungen genügend. Am 2. Februar dann wurde Bundesrat Parmelin von Luftwaffenchef Schellenberg in einer Präsentation über den aktuellen Stand in Sachen Bodluv informiert. Vom Entscheid vom 19. Januar, eine viel teurere «Zwillingsvariante» zu beschaffen, habe er allerdings erst viel später erfahren, ärgerte sich der VBS-Chef gestern.

Er akzeptiere ja noch, dass man ihn nicht gleich am Tag des Entscheids informiert habe, sagt Parmelin: Er akzeptiere aber nicht, dass man ihm bei der Präsentation am 2. Februar nichts über den früheren Entscheid für eine «Zwillingsvariante» gesagt habe, betont der Verteidigungsminister: «Das habe ich erst nach einer Debriefing-Sitzung erfahren. Hätte ich das vorher gewusst, hätten wir sicher von neuem diskutiert.»

Wer hat wen wann informiert?

Doch die gestern veröffentlichte Administrativuntersuchung erweckt einen anderen Eindruck. In seinem Bericht schreibt der Untersuchungsbeauftragte Kurt Grüter, VBS-Chef Parmelin sei die Zwillingslösung bereits am 2. Februar vom Kommandanten der Luftwaffe Schellenberg vorgestellt worden.

Wörtlich heisst es im Bericht über diese Sitzung: «Der Chef VBS äusserte sich besorgt über die vorgeschlagene Zwillingslösung, zweifelte an der Ergänzung mit einer zweiten Lenkwaffe und stellte die Frage, bis wann ein Stopp des Projekts möglich sei, um die finanziellen Risiken zu minimieren.»

Widerspruch...

Von der Präsentation der Zwillingslösung vom 2. Februar gibt es schriftliche Unterlagen, wie der Untersuchungsbeauftragte Kurt Grüter heute auf Anfrage von Radio SRF erklärt: «Dabei handelt es sich um eine Powerpoint-Präsentation, die ich eingesehen habe.»

Auf die Frage, ob da nicht ein Widerspruch zwischen den gestrigen Aussagen von Bundesrat Parmelin und der Darstellung in seinem Bericht bestehe, sagt Grüter: «So wie Sie mir das schildern, scheint ein Widerspruch vorhanden zu sein.»

...oder doch nicht?

Das Verteidigungsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin sieht das nicht so. Kommunikationschef Urs Widmer erklärt: «Das ist natürlich kein Widerspruch. Bundesrat Parmelin kannte diese Zwillingslösung, sie wurde ihm auch so vorgestellt.»

Audio
Fragezeichen rund um Bodluv
aus Echo der Zeit vom 23.09.2016.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 39 Sekunden.

Parmelins Kritik ziele dahin, dass ihm vorenthalten wurde, dass am 19. Januar der Entscheid zu einer Zwillingslösung gefällt wurde, so Widmer: «Dies nur einen Tag nachdem er dem Departement mitgeteilt hatte, dass keine wichtigen Entscheide gefällt werden sollen.»

Informationsstau in der Chefetage?

Der Untersuchungsbericht von Grüter hält allerdings auch fest, das Generalsekretariat von Bundesrat Parmelin sei bereits am 20. Januar, also einen Tag nach der Sitzung der Bodluv-Projektaufsicht, über alle relevanten Entscheide informiert worden.

Wie kann es sein, dass diese Informationen nicht zum Departementschef gelangt sein sollen? Noch einmal VBS-Kommunikationschef Widmer: «Das ist etwas, was wir nun analysieren müssen. Es kann nicht sein, dass so wichtige Informationen nicht bis zum Departementschef kommen.»

Es sei zentral, so Widmer, dass der Verteidigungsminister über alles informiert sei: «Damit er entsprechend entscheiden und das Departement führen kann.» Die Wirrungen um Bodluv werden weiter untersucht. Das Parlament will bis Ende Jahr eine eigene Untersuchung vorlegen.

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