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Brienz BE ein Jahr danach Hoffnung nach Unwetter: Friedhof wieder aufgebaut

Die Unwetter in Brienz BE trafen auch den Friedhof stark. Die Angst war da, dass Leichen weggespült wurden. Nun wird klar: Das Dorf kann aufatmen.

Das Bild ist bezeichnend: Wer in diesen Tagen durch das Dorf Brienz im Berner Oberland geht, sieht auf den ersten Blick nicht, dass vor genau einem Jahr ein Unwetter grosse Verwüstung anrichtete. Das zeigt auch der Besuch auf dem Friedhof. Die Grabsteine stehen schön sauber aufgereiht, mit liebevoll geschmückten Grabfeldern, farbigen Blumen und lächelnden Engeln.

Friedhof vor Haus mit blühendem Balkon, umgeben von Bergen.
Legende: Jeder Grabstein wurde gefunden, gewaschen und wieder aufgebaut. SRF

Doch wer genauer hinsieht, bemerkt die immer noch zerstörte Mauer, die den Friedhof nicht ausreichend vor den Schuttmassen schützen konnte. Oder das Gemeinschaftsgrab, das neu angeordnet werden musste. «Dieses Bild beschreibt auch genau das Leben der Bevölkerung», erklärt Pfarrer Martin Gauch. Man sei zurück im Alltag, Gras ist darüber gewachsen, «aber für die Leute hier ist es immer noch eine Katastrophe».

So etwas habe ich noch nie gesehen.
Autor: Matrin Gauch Pfarrer Brienz BE

Noch immer können nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner zurück in ihre Häuser. Erst muss geklärt werden, was mit dem Milibach geschieht, der vor einem Jahr über die Ufer getreten und 50'000 Kubikmeter Steine, Bäume und Schlamm heruntergespült hat.

So soll der Bach künftig geschützt werden

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Bach zwischen Felsmauern mit Blick auf See und Berge im Hintergrund.
Legende: Der Milibach soll künftig weiter westlich durchführen – weiter weg von Häusern. KEYSTONE/Peter Schneider

Damit dies künftig nicht mehr passiert, soll der Bach verlegt werden, in Richtung Westen. Die Bevölkerung unterstütze das grundsätzlich, erklärt Gemeinderatspräsident Bernhard Fuchs. «Versprechen kann ich aber noch nichts», erst müssten diverse Abklärungen gemacht werden. Erst wenn klar ist, was mit dem Bach passiert, wird auch entschieden, was mit einigen Häusern passiert: Ob sie stehen bleiben können oder weichen müssen. Im Herbst 2026 soll das der Fall sein. Bis das Millionenprojekt jedoch steht, wird es zehn Jahre dauern.

«Der Weg ist noch weit, aber die Leute wollen vorwärtsgehen», sagt Gemeinderatspräsident Bernhard Fuchs. Immerhin: Es gibt Hoffnung. Einige Bewohnende konnten in ihr Zuhause zurück, andere mit der Renovation beginnen, wieder andere einen Neubau planen. Und der Friedhof wurde sogar komplett wieder aufgebaut – jeder Grabstein konnte gefunden, gereinigt und wieder aufgestellt werden.

So gross war die Zerstörung beim Unwetter in Brienz BE

Das ist nicht selbstverständlich, denn die Verwüstung war massiv. «Der Himmel war fast apokalyptisch, so etwas habe ich noch nie gesehen», beschreibt Pfarrer Martin Gauch den Moment vor einem Jahr. Trümmer vergruben nicht nur Teile von Häusern und Autos unter sich, sondern auch einen grossen Teil des Friedhofs. Grabsteine wurden weggerissen, Grabreihen mit Geröll zugeschüttet. Es wurde befürchtet, dass Leichen mitgerissen wurden.

Eine heikle Situation für die Gemeinde. «Ein Friedhof ist mit Trauer verbunden und wenn der Ort weg ist, fällt auch ein Teil der Geschichte oder der Identität des Dorfes weg», so Martin Gauch. Individuell habe dies Wunden aufgerissen: «Es hat die Trauer von einigen Leuten wieder aufgewühlt.»

Keine Leichen weggespült

Der Pfarrer kann jedoch auch Entwarnung geben: Es wurden keine Leichname weggespült. «Beim Aufräumen hat man zwar Knochen gefunden, das sind aber Überreste von viel früher.» Dieser Prozess sei ganz normal. «Wir sind froh, dass die Totenruhe nicht massiv gestört wurde.»

Damit die Gräber bereits nach wenigen Monaten wieder alle an ihrem Platz sind, ist der intensiven Arbeit der Friedhofsgärtner zu verdanken. Gemeinsam mit dem kantonalen Sigristverband haben sie nicht nur die Grabsteine, sondern auch alle Erinnerungsstücke aus den Trümmern geborgen und fein säuberlich wieder hergerichtet.

Blick auf See und Berge mit Garten im Vordergrund.
Legende: Steine neben dem neuen Gemeinschaftsgrab erinnern an das Unwetter. Über einen grossen Teil ist jedoch bereits Gras gewachsen. SRF

Wenn man nicht wüsste, dass vor einem Jahr ein grosser Teil des Friedhofs unter Geröll lag, würde man dies heute auf den ersten Blick nicht erahnen. Beim genauen Hinsehen merkt man jedoch, dass die Normalität noch nicht zurück ist. Denn unklar ist auch, wie der Friedhof künftig gebraucht werden kann: «Solange wir nicht wissen, wie es mit dem Bach weitergeht, wissen wir nicht, wie wir beerdigen können.»

Wer jetzt eine Beerdigung habe, müsse unterschreiben, dass die Möglichkeit bestehe, dass das Grab wieder wegkomme. «Das ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber wir wissen es noch nicht», so Pfarrer Gauch.

Brienz Rothorn Bahn: So gross sind die Schäden

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 12.8.2025, 6:31 und 17:30 Uhr; stal;liea

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