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Bündner Bergdorf «Der Brienzer Rutsch ist noch nicht vorbei»

Das Bündner Dorf Brienz ist kein Sperrgebiet mehr. Die Bewohnerinnen und Bewohner durften am Abend zurück in ihre Häuser – gut zweieinhalb Wochen nach dem grossen Bergrutsch. Der Mediensprecher der Gemeinde Albula, Christian Gartmann, spricht über den bewegenden Moment.

Christian Gartmann

Mitglied des Krisestabs der Gemeinde Albula

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Christian Gartmann ist Mitglied des Krisenstabs der Gemeinde Albula und ein versierter Krisenkommunikator. Der Engadiner hat bereits bei der Bewältigung der Ereignisse in Bondo 2017 seine Expertise eingebracht und ist nun auch in Brienz im Einsatz. 

SRF News: Einige Bewohnerinnen und Bewohner haben die Nacht wieder in den eigenen vier Wänden verbracht. Ist schon wieder etwas Normalität zurück in Brienz?

Christian Gartmann: Ja, ein bisschen schon. Den grossen Sturm auf Brienz gab es nicht, das haben wir aber auch nicht erwartet. Die Schulferien haben letztes Wochenende begonnen. Einige der Familien sind in die Ferien gereist, und die werden nicht extra zurückkommen, um wieder einzuziehen. Aber es sind doch einige wieder zurückgefahren und wieder eingezogen und die Spannung hat in letzter Zeit nachgelassen. Es war ein sehr schöner Moment, als die Leute wieder in ihre Häuser zurück durften und zum ersten Mal wieder in Brienz übernachten konnten.

Wir werden versuchen, diesen Rutschstollen zu einem Entwässerungsstollen auf die dreifache Länge auszubauen.

Was kommt in nächster Zeit auf die Bevölkerung von Brienz zu?

Der Brienzer Rutsch ist noch nicht vorbei. Die Problematik gibt es seit 10’000 Jahren oder mehr. Das gesamte Plateau, auf dem das Dorf steht, der Hang hinter dem Dorf und auch die Hänge bis hinunter an die Albula, die rutschen. Sie rutschen im Moment beim Dorf etwa einen Meter pro Jahr. Häuser bekommen dadurch Risse. Leitungen bersten, Strassen leiden. Die Gemeinde und der Kanton haben nun die Aufgabe, den Hang mit technischen Mitteln zu sanieren.

Auch das Plateau über dem Dorf könnte sich wieder mobilisieren und für das Dorf eine Gefahr darstellen. Sollte das passieren, müsste man wieder evakuieren.

Wir haben in den letzten zwei Jahren Stollen unter die Rutschungen gebaut, im festen Fels. Von da aus wurden viele Bohrungen gemacht, um Wasser aus dem Berg hinauszubefördern. Das hat gewirkt. Man hat gesehen, dass dieser Sondierstollen funktioniert. Die Rutschungsgeschwindigkeit insgesamt ist gesunken. Wir werden nun versuchen, diesen Rutschstollen zu einem Entwässerungsstollen auf die dreifache Länge auszubauen. Mit über 70 Bohrungen im Berg versuchen wir, den Wasserdruck zu senken und hoffen dann, dass die Rutschung so weit verlangsamt wird, dass die Häuser weniger Schaden nehmen und man auch in fünf, sechs oder sieben Generationen noch in Brienz leben kann.

Mit anderen Worten: Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass die Brienzerinnen und Brienzer ihr Dorf wieder verlassen müssen?

Die Natur gibt keine Garantien. Da es sich um ein Naturphänomen handelt, können wir das nicht sicher sagen. Einerseits wissen wir nicht genau, ob die Massnahmen so weit wirken, dass das Dorf langfristig keinen Schaden mehr nimmt. Aber auch auf kurze Sicht gibt es noch eine kleine Unsicherheit. Sie kommt aus diesem sogenannten Plateau heraus, das hoch über dem Dorf liegt, weit über der Insel, die vor einigen Tagen heruntergekommen ist. Auch dieses Plateau könnte sich wieder mobilisieren und für das Dorf eine Gefahr darstellen. Sollte das passieren, müsste man wieder evakuieren.

Das Gespräch führte Vera Deragisch.

Heute Morgen, 04.07.2023, 06:00 Uhr ; 

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