- Der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler hat im letzten Wahlgang der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats überraschend 21 Stimmen geholt.
- Es lässt sich nur spekulieren, von wem er diese erhalten hat.
- Durch die Wandelhalle geisterten verschiedene Hypothesen.
Als die Grünen längst bekanntgegeben hatten, dass sie nach dem erfolglosen Angriff auf FDP-Bundesrat Ignazio Cassis den Sitz von FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter nicht angreifen würden – da verkündete Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (FDP/VD) die Randnotiz des Tages: «Ferner haben Stimmen erhalten; Dobler Marcel, 21.»
Das Ergebnis liess an dieser sonst so überraschungsfreien Erneuerungswahl aufhorchen. Auf der Journalistentribüne war man zunächst ratlos: Wer hat Nationalrat Dobler gewählt? Und warum? Im Internet, vor allem auf Google und Twitter, war Dobler kurz vor 11 Uhr ein sehr beliebter Suchbegriff.
«Kleine Retourkutsche»
Nach einigen Minuten kursierten dann die ersten Interpretationen zum Ergebnis in der Wandelhalle. Politologe Adrian Vatter bezeichnete das vergleichsweise schlechte Resultat von Keller-Sutter gegenüber SRF als «kleine Retourkutsche».
Die SVP zum Beispiel sei mit dem Vorschlag der Justizministerin für eine Überbrückungsrente nicht einverstanden. Diese ist Teil eines Massnahmenpakets für ältere Arbeitslose, das die Akzeptanz der Personenfreizügigkeit erhöhen soll. Die SVP bekämpft die Personenfreizügigkeit mit der Begrenzungsinitiative.
Gutes Aussehen als Grund
Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter bestätigte, dass die Überbrückungsrente sicher einigen in seiner Fraktion in den falschen Hals geraten sei. Augenzwinkernd fügte er an, dass die Stimmen für Dobler auch damit begründbar seien, dass dieser «gut aussieht». Viele Frauen hätten deshalb für ihn gestimmt.
Mike Egger (SVP/SG) dagegen wollte nichts wissen von den vermuteten Proteststimmen von Rechts. Für ihn war das Ganze ganz einfach «ein Störmanöver von links». Einen Grund dafür angeben, konnte er aber nicht.
«Rein regionalpolitische Posse»
Auch von FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi wollten Medienschaffende wissen, woher die unerwarteten Stimmen für Dobler gekommen waren. Hatten sogar einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion gegen Keller-Sutter und für Dobler gestimmt, damit Cassis im Vergleich mit seinen 145 Stimmen nicht zu schlecht dastehen würde?
Ich wusste von nichts. Als mein Name fiel, war ich ein bisschen irritiert
Gössi legte sie für ihre Partei die Hand ins Feuer. Es sei kein eigentlicher Angriff auf Keller-Sutter gewesen. Die FDP-Präsidentin bezeichnete die 21 Stimmen vielmehr als «rein regionalpolitische Posse aus der Ostschweiz». Weiter ins Detail ging sie nicht.
Künftige Kandidatur nicht ausgeschlossen
Und Dobler selbst? Er wirkte nach der Bekanntgabe der Wahlresultate im Nationalratssaal sehr überrascht, lächelte gequält. «Ich wusste von nichts. Als mein Name fiel, war ich ein bisschen irritiert», sagte er.
Es sei wohl weniger um seine Person gegangen, sondern vielmehr darum, «dass gewisse Kreise ihr Unbehagen» gegenüber Keller-Sutter hätten ausdrücken wollen. Es seien aber alles Mutmassungen. Klar sei, dass er insbesondere aufgrund seiner familiären Situation mit Kleinkindern eine Wahl in den Bundesrat zurzeit sowieso nicht angenommen hätte. Für die Zukunft liess der 39-Jährige die Frage offen: «Sag niemals nie.»